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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0140
Ulrich Feldhahn

3. DIE REISE DES PREUSSISCHEN KRONPRINZENPAARES
IM HERBST/WINTER 1862

3.1. VORBEREITUNGEN IN POLITISCH BEWEGTER ZEIT

Die Planungen für eine längere Reise des Thronfolgerpaares hatten bereits im Frühsommer
des Jahres 1862 begonnen8, gerieten jedoch durch verschiedene Umstände
immer wieder ins Stocken. Es zeigte sich bald allzu deutlich, das hierbei rein private
Interessen keinesfalls von politischen Rücksichtnahmen zu trennen waren, zumal ein
solches Vorhaben in jedem Fall der ausdrücklichen Genehmigung des preußischen
Königs bedurfte. Dieser lehnte beispielsweise eine Reise durch das nördliche Italien
ab, da Preußen das erst im Vorjahr gegründete italienische Königreich bislang nicht
anerkannt hatte. Außerdem hielt Wilhelm I. nach Ansicht seiner Schwiegertochter
eine längere Abwesenheit seines Sohnes grundsätzlich für ungünstig, da er ihm dies
als ein Entfliehen vor unliebsamen Angelegenheiten und somit als Ausdruck von
Ungehorsam anlastete. Die zu diesem Zeitpunkt im siebten Monat schwangere Victoria
hingegen hoffte, ihren Schwiegervater von einer positiven Wirkung der Reise auf
„Körper und Geist" überzeugen zu können9. Tatsächlich fielen diese Überlegungen
jedoch in die Phase einer handfesten Regierungskrise, die im Frühjahr von hitzigen
Debatten im Abgeordnetenhaus um eine geplante Heeresreform und die Verkürzung
der Militärdienstzeit ausgelöst worden war. Eine Missachtung der Meinung des
Königs kam in seinen Augen nicht nur einem persönlichen Affront, sondern einer
grundsätzlichen Infragestellung der Monarchie gleich. Zur selben Zeit wurde ihm der
damals als Gesandter in St. Petersburg amtierende Otto von Bismarck als ein tatkräftiger
und durchsetzungsfähiger Kandidat für die Ministerpräsidentschaft empfohlen,
wodurch nicht nur das Kronprinzenpaar in große Beunruhigung versetzt wurde.
Anfang Juli teilte Victoria ihrer Mutter erneut mit, dass sie gerne unmittelbar nach der
geplanten Zusammenkunft in Schloss Reinhardsbrunn10 bei Gotha mit ihrem Mann
zu einer Reise in den Süden aufbrechen würde, und äußerte zugleich vorsichtig den
Wunsch, gemeinsam mit ihrem Bruder „Bertie", dem damaligen Prince of Wales und
späteren König Edward VII. (1841 - 1910), die königliche Yacht „Osborne" für eine

8 Victoria kündigte in einem Brief an ihre Mutter vom 10.6.1862 im Hinblick auf ein gemeinsames
Treffen im Herbst an, dass sie mit ihrem Mann eine holiday tour unternehmen werde,
um u.a. den ersten Todestag ihres am 14. Dezember 1861 überraschend verstorbenen Vaters
nicht in Berlin verbringen zu müssen, s. Roger Fulford (Hg.): Dearest Mama. Private Cor-
respondance of Queen Victoria and the Crown Princess of Prussia 1861-1864. London 1968.
S. 70. Der insbesondere der englischen Königin unüberwindlich erscheinende Verlust ihres
Gatten bildete einen zentralen Gegenstand in der Korrespondenz mit ihrer Tochter.

9 We do not know either whether he will allow us to take a long journey; he dislikes our going
away so very much, particularily now, as he thinks Fritz [Kronprinz Friedrich Wilhelm] wishes
to avoid being drawn into affairs under the present circumstances, which the King considers
disobedience and Opposition. I shall say it is goodfor my bealth and particularily for my spirits
- and then perhaps it will be allowed. Victoria an ihre Mutter, 17.6.1862, Fulford (wie
Anm. 8). S. 76.

10 In den Quellen auch als Reinhardtsbrunn aufgeführt.

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