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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0147
Hohenzollern im Jahre 1862 mit den Augen einer englischen Preußin

reichen Skizzen animierte. Die Tagebucheintragungen ihres Mannes lassen indessen
erkennen, dass ihn trotz der allgemein herrschenden heiteren Ferienstimmung weiterhin
politische Fragen bedrückten. Hierbei war es vor allem die unerwartete Anwesenheit
von Marchese Pepoli, des Schwagers von Fürst Karl Anton38 und damaligen
Finanziministers in Turin, die Friedrich Wilhelm in Anbetracht der problematischen
Beziehungen zwischen Preußen und Italien peinlich berührte. Pepoli, den er als dick
aufgeschwemmt und taktlos beschrieb, machte einen unheimlichen Eindruck auf
ihn und verriet dem Fürsten geheime Absichten Kaiser Napoleons III. (1808 - 1873)
hinsichtlich der französischen Militärpräsenz in Rom, die dadurch auch Friedrich
Wilhelm zu Gehör kamen39. Erst am Tag der Abreise fand Victoria wieder Zeit, ihrer
Mutter von einer ausgedehnten Wanderung auf die Ebenalp zu berichten und
zugleich eine kurze Charakterisierung der anwesenden Kinder Karl Antons zu geben,
unter ihnen Erbprinz Leopold (1835 - 1905), den sie als charming [...], the model of
a husband [...], clever, talented and amiable, and füll of feeling schilderte, während
sie dessen Bruder Carl, den nachmaligen König Carol I. von Rumänien (1839 - 1914),
als very agreeable though I fear not quite steady einschätzte40.

Der Abschied von der ungezwungenen Atmosphäre auf der Weinburg fiel nicht
leicht, zumal die Gäste von der gesamten fürstlichen Familie bis zum Bahnhof und
von den drei jüngsten Söhnen noch bis nach St. Gallen begleitet wurden, von wo aus
der Weg weiter nach Zürich führte. Im weiteren Verlauf gelangten die Reisenden über
Bern, Genf und Lyon schließlich nach Marseille, wo sie bereits von der Yacht der britischen
Königin erwartet wurden. Auf ihr steuerten sie im folgenden u.a. Palermo,
Tunis, Malta und Syrakus an, bis sie am 4. November, nach teilweise heftigem Seegang
, in Neapel anlegten. Nach der obligatorischen Besichtigung der Blauen Grotte
von Capri, einer Besteigung des Vesuv sowie einem Ausflug nach Pompeji wurde dort
am 9. November der 21. Geburtstag und die damit erlangte Volljährigkeit des Prinzen
von Wales gefeiert. Zwei Tage später begab man sich auf dem Landweg zunächst nach
Rom, dem ein zweiwöchiger Aufenthalt mit zahlreichen Besichtigungen, Atelierbesuchen
und Einkäufen gewidmet wurde. Schließlich fuhr man Anfang Dezember
nach Florenz und weiter über Genua und Mailand bis nach Venedig, von wo aus der
Weg letztlich über Wien zurück nach Berlin führte, wo das Kronprinzenpaar am
Morgen des 19. Dezember nach beinahe dreimonatiger Abwesenheit wieder wohlbehalten
eintraf. Der Verlauf und Charakter dieser ganz „dem Kunst- und Land-
schaftsgenuss, Kunsteinkäufen und Besuchen bei Verwandten und Freunden"41
gewidmeten Reise hatte in weiten Teilen der klassischen „Grand Tour" entsprochen,
wie sie im Zeichen der Aufklärung bereits im 18. Jahrhundert bevorzugt in Kreisen

38 Gioacchino Napoleone Marchese Pepoli (1825-1881) hatte 1844 Prinzessin Friederike von
Hohenzollern-Sigmaringen (1820-1906), eine Schwester des Fürsten Karl Anton geheiratet,
s. www2.webpark.cz/miramarek/genealogie/hohz/hohenzl2.html - 17k.

39 Tagebucheintragungen des Kronprinzen vom 10., 11. und 12. Oktober 1862, Meisner (wie
Anm. 12), S. 164.

40 Victoria an ihre Mutter, 16.10.1862, Fulford (wie Anm. 8), S. Ulf.

41 Hildegard Reinhardt in: Ausstellungskatalog „Victoria von Preußen" (wie Anm. 1)
S. 244.

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