Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0149
Hohenzollern im Jahre 1862 mit den Augen einer englischen Preußin

schied zur Ölmalerei - keine nachträglichen Korrekturen erlaubte. Victoria besaß zu
diesem Zweck einen transportablen, mittels Scherenbändern ausziehbaren Malkasten,
der zugleich Fächer für Pinsel und Zubehör in sich barg, und übte das Aquarellieren
auch gerne in Gesellschaft aus47. Mit den dabei entstandenen, vorrangig als Reiseerinnerungen
dienenden Zeichnungen schärfte sie kontinuierlich ihre visuelle Beobachtungsgabe
, wobei allein aus deren bis heute erhaltenem Umfang deutlich hervorgeht
, dass die künstlerischen Ambitionen der Kronprinzessin und nachmaligen Kaiserin
weit über eine rein konventionell bedingte Freizeitbeschäftigung hinausgingen.

Die am 8. und 9. Oktober 1862 entstandenen Aquarelle spiegeln in ihrer Auswahl
und Behandlung der Motive deutlich Victorias Interesse und persönliche Empfinden
wider. Obwohl die von ihrer Autorin selbst als some little scribbles^ bezeichneten
Zeichnungen von eher bescheidener künstlerischer Qualität sind, stellen sie in ihrer
spontanen Unbefangenheit doch reizvolle Illustrationen von dokumentarischem
Wert dar. Die in der Reihenfolge des Albums erste Ansicht (Abb. 2)49 zeigt die Burg
Hohenzollern von Westen auf dem spärlich bewaldeten, im oberen Bereich aus nacktem
Fels bestehenden Bergkegel. Ihre markante Silhouette über dem ausladenden
Basteienkranz wird von den seitlichen Kegeldächern des Kaisers- bzw. Markgrafenturms
, dem zugleich die dominante Mittelachse bildenden schlanken Bischofsturm
sowie dem dazwischen befindlichen, zinnenumsäumten Fahnenturm bestimmt. Die
im unteren Bereich in kräftigen Grün- und Blautönen, darüber in lichtem Ocker vor
hellblau-weißem Hintergrund gehaltene Darstellung gibt offenbar die von Victoria
und Friedrich Wilhelm begeistert geschilderte Naturstimmung des sich zur Mittagszeit
auflösenden Nebels wider. Zugleich weist sie eine deutliche Tendenz zur vertikalen
Übersteigerung auf, die u. a. an den steil abfallenden Felshängen und dem überlängten
Dach des linken Turmes erkennbar wird. Bei der bereits auf dem Anfahrtsweg
von der Kutsche aus erstellten Skizze handelt es sich vermutlich um die nachfolgende
Ansicht (Abb. 3)50, auf der die Burg von derselben Himmelsrichtung, jedoch
aus größerer Entfernung und von einem tiefer gelegenen Standpunkt aus dargestellt
ist. Die sparsame Lavierung in zarten Grau-, Blau- und Brauntönen lässt die zügige
erarbeitete Bleistiftvorzeichnung deutlich hervortreten und gibt den Blick auf die
nach rechts oben gerückte Burg vom Fuße des Bergkegels wider, so dass nun auch der
im Wald befindliche Wasserturm in Erscheinung tritt, dessen Spitze sich wirkungsvoll
über den Bäumen erhebt. Erneut zeigt sich, dass sich die im Zuge des Wiederaufbaus
der Burg von König Friedrich Wilhelm IV angeregte und durch Peter Josef
Lenne (1789 - 1866) entworfene gärtnerische Gestaltung des bis dahin nahezu kahlen
Burgberges durch unregelmäßige Buchenpflanzungen damals noch in den Anfängen
befand, heute indessen völlig verschwunden ist51. In der perspektivischen

47 S. Ausstellungskatalog „Im Schatten der Krone" (wie Anm. 1) S. 102ff.

48 Victoria an ihre Mutter, 10.10.1862, Fulford (wie Anm. 8) S. 108.

49 In Bleistift auf dem Blatt bez. u. r. Burg Hohenzollern, 8 Oct, darunter in Feder auf der
Albumseite Burg Hohenzollern Oct: 8 1862, 25,2 x 17,2 cm ( AHH, K3/9).

50 In Bleistift auf dem Blatt bez. u. 1. Burg Hohenzollern 8. Oct: 1862, darunter in Feder auf
der Albumseite Burg Hohenzollern Oct 8. 1862, 25,3 x 17,2 cm (AHH, K3/10)

51 Vgl. Bothe (wie Anm. 18) S. 176ff.

135


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0149