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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0163
Rumäniens Kampf um die Unabhängigkeit

Im 18. Jahrhundert gelang Rußland im Bündnis mit Österreich und Preußen im
Westen die dreimalige Teilung Polens9, während es sich im Süden in der Türkei für das
einsetzte, was man heute die Respektierung der Menschenrechte nennen würde, allerdings
nur zugunsten der von den Türken unterdrückten christlichen Bevölkerung.
Schon Ende des 16. Jahrhunderts hatten die Russen anläßlich der Errichtung eines
eigenen Patriarchats im Jahre 1589 den Anspruch erhoben, die Nachfolge des Ökumenischen
Patriarchats in Konstantinopel als oberste Leitung der Ostkirche anzutreten,
diesmal mit Moskau als „drittem Rom" und Zentrum der orthodoxen Christenheit.

Dazu kam im letzten russisch-türkischen Krieg von 1877/78 als Folge des nationalen
Erwachens10 im 19. Jahrhundert bei allen Völkern Ost- und Südosteuropas die
panslawistische Komponente, die den Russen die Möglichkeit bot, sich noch mehr in
die inneren Angelegenheiten der Türkei einzumischen. Der Panslawismus war eigentlich
eine tschechische Erfindung und gedacht als politischer Sprengsatz gegen das
Habsburger Vielvölkerreich, aber die Russen als das größte slawische Volk machten
sich ihn zueigen und benutzten ihn zur Zerschlagung der Türken. Die Aufstände der
slawischen Stämme auf dem Balkan - in Bosnien und der Herzegowina, dann auch in
Serbien - gegen die türkische Herrschaft unmittelbar vor Ausbruch des russisch-türkischen
Krieges gingen nicht zuletzt auf das panslawistische Betreiben der Russen
zurück. Russische Agitatoren hetzten gegen die türkische Herrschaft, und freiwillige
Offiziere unterstützten die Aufständischen in ihrem Kampf gegen den Staatsapparat.

Durch diese Unruhen veranlaßt, forderten die Russen im Einvernehmen mit den
Westmächten die Türkei auf, die Christen als gleichberechtigte Untertanen zu
betrachten und ihnen alle Bürgerrechte zu gewähren. Die Türken antworteten mit der
Verkündung ihrer ersten Verfassung im Dezember 1876, die aber weder ihre slawischen
Untertanen noch Rußland und die Westmächte befriedigte.

Die Rumänen waren ihrerseits ebenfalls unzufrieden mit der Beschreibung ihres
neuen Staates in der türkischen Verfassung. Seit der Entstehung des einheitlichen
Staates Rumänien im Jahre 1859 bestanden die beiden Teilstaaten Moldau und
Walachei nicht mehr. Unter Außerachtlassung dieser Entwicklung war in der türkischen
Verfassung lediglich von privilegierten Provinzen die Rede.

Nachdem sowohl die Konferenz von Konstantinopel um die Jahreswende 1876/77
als auch das sogenannte „Protokoll" vom 31. März 1877 gescheitert waren, erklärte
Zar Alexander am 12./24. April 187711 der Türkei den Krieg - und zwar ausgerechnet
von Chi§inau12 aus, der Hauptstadt des 1812 den Rumänen geraubten Bessarabiens!13

9 Siehe dazu R. E Kaindl: Polen - Mit einem geschichtlichen Überblick über die polnisch-
ruthenische Frage. Aus: Natur und Geisteswelt. Bd. 547. Leipzig und Berlin 1916. S. 35-49
oder Alfred Schickel: Die polnischen Teilungen. In: Damals 12. Jg., 1 (1980) S. 37-58.

10 In einem breiteren Rahmen schildert dies Alexander von Randa: Das rumänische Volk
und seine Einigung. Verband d. Rumänen in Süddeutschland (Hgb.). München 1968.

11 Das erste Datum bezieht sich auf den Julianischen, das zweite auf den Gregorianischen Kalender
. Erst 1920 hatte Rumänien den Wechsel zum Gregorianischen Kalender vorgenommen.

12 dt. Kischinau, russ. Kischinev.

13 Vgl. dazu D. C. Amzar (wie Anm. 8) und Nicolae I. Arnautu: Douze invasions russes en
Roumanie. In: Editions Cuget romänesc. Buenos Aires 1956. S. 117-128.

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