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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0164
Dumitru C. Amzar

Das verstimmte die Rumänen und machte sie auch den Russen gegenüber mißtrauisch
. Warum?

Die Rumänen hatten dabei das ungute Gefühl, als wollten die Russen ihnen durch
diese unfreundliche Geste von vornherein andeuten, daß sie das am Ende des Krimkrieges
durch den Frieden von Paris 1856 von Rußland wieder an die Moldau abgetretene
Südbessarabien in absehbarer Zeit erneut zurückfordern würden. Schon in
Livadia im Oktober 1876 hatten sie andeutungsweise ihre Ansprüche darauf geltend
gemacht. Das belastete das Verhältnis zwischen den beiden Staaten auf das äußerste,
obwohl sie beide nach Lage der Dinge in der bevorstehenden Auseinandersetzung mit
der Türkei aufeinander angewiesen waren: Rußland konnte die Türkei nur dann
angreifen, wenn es freien Durchmarsch durch Rumänien bekam; die Rumänen ihrerseits
hätten unmöglich allein einen Krieg gegen die Türkei führen können. Das gegenseitige
Verhältnis war auch noch dadurch belastet, daß Rußland allem Anschein nach
nicht bereit war, mit Rumänien als einem gleichberechtigten Partner zu verhandeln,
sondern mit der gewohnten Überheblichkeit einer Großmacht die Rolle Rumäniens
selbst bestimmte und durchblicken ließ, daß die russischen Truppen im Notfalle auch
ohne die Einwilligung Rumäniens die Donau nach Bulgarien überschreiten würden.
Das erschwerte die Verhandlungsposition Rumäniens erheblich. Andererseits verfügten
auch die Rumänen über ein Argument, das seine psychologische Wirkung bei
den Russen nicht verfehlte: sie gaben nämlich den Russen zu verstehen, daß es einer
christlichen Macht nicht gut anstünde, wenn sie, um Glaubensgenossen in einem
fremden Land zu Hilfe zu eilen, über Leichen anderer Glaubensgenossen gehen
würden!

Es wäre freilich für die Russen eine Kleinigkeit gewesen, in Rumänien einzumarschieren
, wie sie es seit Anfang des 18. Jahrhunderts 21mal getan hatten. Sie hätten
Rumänien wie früher als Feindesland behandeln, mit Gewalt unterwerfen und dann
erst ihre Truppen die Donau überschreiten lassen können. So gewaltsam wollten sie
diesmal nicht mehr vorgehen und ließen sich auf Verhandlungen ein: sie schlugen den
Rumänen eine Konvention vor, aber eine rein militärische, ohne jeden politischen
Charakter!

Fürst Carol ging darauf ein, jedoch nicht ohne zu bemerken, daß eine Konvention
zwischen zwei verschiedenen Staaten eo ipso einen politischen Akt darstelle, und so
erreichte er es, daß folgende Klauseln in die am 4./16. April 1877 in Bukarest abgeschlossene
Konvention aufgenommen wurden:

1. daß die territoriale Integrität Rumäniens respektiert werde und

2. daß die Konvention erst nach ihrer Ratifikation durch das Parlament in Kraft treten
solle.

Beiden Bedingungen stimmten die Russen zu - der ersten, obwohl Zar Alexander
bereits am 8. Juli 1876 in Reichstadt ein Geheimabkommen mit Österreich-Ungarn
abgeschlossen hatte, wonach die beiden Großmächte zwei Vereinbarungen für den
Fall eines russisch-türkischen Krieges trafen:

a) Bosnien und die Herzegowina sollten nach dem Sieg über die Türkei an Österreich
-Ungarn fallen und

b) das südliche Bessarabien sollte von Rumänien wieder an Rußland zurückgegeben
werden.

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