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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0172
Dumitru C. Amzar

Fahrt sei, und erbiete sich, ihn selbst in das für ihn hergerichtete Quartier zu geleiten.
Erführt ihn in ein schönes, bequem eingerichtetes Zelt, unweit des kaiserlichen Quartiers
, und teilt ihm mit, daß er sich erlauben wolle, ihm das Zelt zu verehren. Nachdem
der Fürst diese Aufmerksamkeit dankend aufgenommen hat, zieht sich der
Kaiser zurück, um seinem Gast Gelegenheit zu geben, sich von dem Staube der Reise
zu befreien. Schon ehe der Fürst aber seine Toilette beendet hat, tritt Großfürst Nikolaus
bei ihm ein und bietet ihm im Auftrage des Kaisers das Oberkommando über
sämtliche russischen Truppen von Plewna an. Fürst Karl ist sehr überrascht und bittet
sich Bedenkzeit aus; er möchte vor der Entscheidung über dieses verantwortungsvolle
Anerbieten sich über die (zahlenmässige) Stärke der vor Plewna liegenden Truppen
vergewissern. Der Großfürst erwidert: Das lasse ich sofort feststellen, da der Generalstabchef
der Westarmee, Oberst Nowitzki, anwesend sei. Derselbe wird herbei
gerufen und gibt an, daß die Zahl der russischen Truppen vor Plewna 30 000 nicht
übersteige. Dies macht den Fürsten sehr bedenklich, da auch er vorläufig nur die gleiche
Zahl ins Feld senden kann; allein nach kurzer Erwägung und auf Zureden des
Großfürsten entschließt er sich zur Übernahme des verantwortlichen Kommandos.

Abends um neun Uhr geht Fürst Karl zum Kaiser, um ihm seinen Dank auszusprechen
für das Vertrauen, mit dem dieser ihn beehrt hat; er setzt hinzu, daß er sich
der ganzen Schwere der Verantwortung bewußt ist. Dieu nous aidera! erwidert der
Kaiser. Bei dem nun folgenden Abendessen umringen alle anwesenden Generäle den
Fürsten und beglückwünschen ihn zu seiner neuen Stellung. Nach Tische geleitet der
Kaiser den Fürsten wiederum in sein Zelt zurück und verabschiedet sich herzlich und
väterlich von ihm für die Nacht (A.D.L. III., S. 235 - 238).

Damit war der erste Abschnitt des politisch-diplomatischen Kampfes für die Unabhängigkeit
beendet. Mit der Übernahme des Oberkommandos über die Westarmee
durch Fürst Carol begann der militärische Beitrag Rumäniens zum russisch-türkischen
Krieg von 1877/78, der wegen der einmaligen Bedeutung dieses Beitrages besser
den Namen „russisch-rumänisch-türkischer Krieg" tragen sollte. Die Darstellung
des militärischen Kampfes wollen wir ganz knapp halten, da er im Unterschied zum
politisch-diplomatischen in der historischen Literatur, von den wissenschaftlichen
Werken bis in die Schulbücher hinein, mehr oder weniger ausführlich zu finden ist.

Schon am 20. Juli/1. August hatte eine rumänische Division die Donau überschritten
, um den Russen zu Hilfe zu kommen. Nach der Übernahme des Oberkommandos
durch Fürst Carol ging die rumänische Armee in Anwesenheit ihres
obersten Kommandeurs über die Donau bei Corabia. Der rumänische Fürst richtete
sein Hauptquartier in dem bulgarischen Dorf Poradim unweit von Plewna an der
Spitze von 3500 Rumänen mit 168 Geschützen und 30 000 Russen mit 282 Geschützen
ein. Am 26. August/7. September begann die Bombardierung Plewnas. Zwei Tage
später erstürmten rumänische Einheiten einen Redan19, wieder zwei Tage später
eroberten sie gegen Abend mit Hilfe dreier russischer Bataillone nach dem
4. Ansturm die L Redoute von Griwitza. Drei Geschütze und eine Fahne des Feindes
fielen in ihre Hände. Die Geschütze stehen noch heute öffentlich in Bukarest aufgestellt
, die Fahne hängt im Bukarester Arsenal. Das war der Anfang vom Ende des tür-

19 redan (frz.) = einfacher Vorbau einer Festung.
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