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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0230
Burghard Weiss

Schweiz, noch gar der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hatten für ihn Gründe
dargestellt, seine Tätigkeit in Deutschland aufzugeben und in die Schweiz zurückzukehren
, sondern ganz im Gegenteil: Fasziniert von der technologischen, der ökonomischen
und der militärischen Macht Deutschlands und den anfänglichen Siegen
seiner Armeen hat er während des Krieges sogar noch eine größere Zahl Schweizer
motiviert, seinem Beispiel zu folgen und eine Tätigkeit in Deutschland aufzunehmen.
Unsere Untersuchung hat gezeigt, daß Dällenbach kein Nazi in dem Sinne war, daß
er ideologische Bekenntnisse abgelegt oder gar den Beitritt zu einer Gliederung der
Partei abgeleistet hätte. Auch an seiner Schweizer Staatsbürgerschaft hielt er fest. Wie
viele deutsche Ingenieure war Dällenbach ein Opportunist und starrköpfiger Technokrat
, dem der „Dienst an der Technik" über alles ging. Selbst angesichts der nach
Kriegsende bekannt werdenden Nazi-Greuel war Dällenbach keineswegs bereit,
irgendetwas zu bereuen, wie aus einer Stellungnahme vom 30. Juni 1945 hervorgeht80:

Wenn ich auch hei Informationen (über die Konzentrationslager und den Holocaust
, B. W.), wie man sie heute vom Comite des Roten Kreuzes erhalten kann, trotz
vertraglicher Bindungen nicht in Deutschland gehliehen wäre, so denke ich dennoch
mit Dankbarkeit an ein Land, welches, ohne die geringste Konzession von meinem
Schweizertum zu verlangen, wie kein anderes die Aufgaben gefördert hat, zu denen
ich mich berufen fühlte, und welches freimütig und grosszügig die Ergebnisse und
Fortschritte, welche ich erzielen konnte, anerkannt und belohnt hat, indem es mir die
Möglichkeit gab, für neue grössere Aufgaben tätig zu sein.

Dällenbach hat aus eigener Initiative rüstungstechnische Ideen entwickelt, mit
Unterstützung der deutschen Luftwaffe (RLM) verfolgt und daraus Kapital zu schlagen
versucht. Dies wiegt umso schwerer, als er nicht auf jenen apologetischen Topos,
jene wohlfeile Entschuldigung, zurückgreifen konnte, die von deutschen Ingenieure
nach dem Krieg bemüht wurde, wenn es darum ging, ihre Tätigkeit im „Dritten
Reich" zu rechtfertigen: im Gegensatz zu ihnen hatte er nicht seinem Vaterland
gedient. Vorwürfe von Schweizer Seite waren die logische Folge nach Kriegsende.
Dällenbachs zur Rechtfertigung erhobene Behauptung, seine Arbeiten seien nicht
kriegswichtig gewesen und er sei kriegsrelevanten Arbeiten in Deutschland konsequent
aus dem Wege gegangen, ist aufgrund unserer Untersuchung widerlegt.

Dual, also sowohl zivil als auch militärisch nutzbare Güter und Technologien (dual-
use goods and technologies) beschäftigen uns, sie sind ein aktuelles Problem. Die duale
Nutzbarkeit moderner Hoch-Technologien wie z. B. LASER, Computer oder digitaler
Kommunikationstechniken ist als politisch-moralisches wie sicherheitstechnisches
Problem erkannt. In der Folge davon mehren sich Bestrebungen, die Proliferation
dual nutzbarer Güter und Technologien zu kontrollieren bzw. einzuschränken. Im
Dezember 1995 kamen 28 Industriestaaten in Wassenaar überein, ihre Exportkontrollen
konventioneller Waffen auf dual nutzbare Güter und Technologien auszudehnen.
Im Juli 1995 sind diese Regelungen in der Europäischen Union in Kraft getreten81.

80 Dällenbach an Scherrer, 30. Juni 1945 (Abschrift), Nachlaß Dällenbach (Eidgenössische
Technische Hochschule Zürich, Wiss.-Hist. Sammlungen, HS 911: 59).

81 „Wassenaar Arrangement on Export Controls for Conventional Arms and Dual-Use
Goods and Technologies", vgl. SIPRI Yearbook 1996. Oxford 1996. Chapter 12.

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