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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0231
„Forschungsstelle D" in Bisingen

Diese Dualität ist so alt wie die Technik selbst, ob ein Beil als Werkzeug oder Waffe
eingesetzt wird, ob es Scheit oder Schädel spaltet, kann über Leben oder Tod entscheiden
, ist vom technischen Standpunkt jedoch unerheblich. Diese Dualität von
Güter und Technologien ist auch der Medizin seit jeher inhärent. Schon in der Antike
war nicht nur die Unterlassung von Hilfeleistung, sondern auch die bewußte
Überdosierung bzw. der Mißbrauch therapeutischer Maßnahmen eine potentielle
Variante ärztlichen Fehlverhaltens. Die Mahnung des Hippokratischen Eides, daß
„nihil nocere" = „nicht schaden" als oberste Richtschnur ärztlichen Handelns zu gelten
habe, legt davon Zeugnis ab. Die im 16. Jahrhundert aufkommende Iatrochemie
und Pharmakologie hat die potentielle Dualität ärztlichen Handelns erneut unterstrichen
; denn schon Paracelsus wußte: Sola dosis facit venenum! (Allein die Dosis macht
das Gift!) Daß nicht nur chemischen, sondern auch physikalischen Agentien die
Dualität bzw. Ambivalenz zwischen Nutzen und Schaden innewohnt, ist in gleicher
Weise bekannt. So können ionisierende Strahlungen wie Röntgen-, Gamma- oder
Teilchenstrahlen je nach applizierter Dosis Wirkungen entfalten, die über das
diagnostisch oder therapeutisch Gewollte bzw. Sinnvolle hinausgehen und ins Schädliche
, ja Letale (Tödliche) umschlagen. Der Ubergang zur Waffenanwendung ist damit
nur eine Frage der eingesetzten bzw. verfügbaren Energie.

Das von Dällenbach betriebene Projekt der Entwicklung eines Beschleunigers ist
ein Beispiel für diese Dualität oder Ambivalenz technischen Fortschritts. Der von
Schiebold und Dällenbach intendierte Zweck ist mit Beendigung des Zweiten Weltkrieges
denn auch nur scheinbar in den Hintergrund getreten: Der Einsatz energiereicher
Strahlungen blieb in der Rüstungsforschung aktuell und ist heute, im Zeitalter
der „Strategischen Verteidigungsinitiative" (SDI), durch innovative Prinzipien wie
nuklear gepulste LASER ermöglicht, technologische Realität geworden82. Die
Militärtechnologie spricht heute von „directed energy-weapons". Dieser „Krieg der
Sterne" wurde während des „Dritten Reiches" zwar noch nicht realisiert, aber von
Dällenbach und anderen vorausgedacht!!! Ich stelle abschließend fest: in den Jahren
1943 - 1945 ist Bisingen tatsächlich vom Atem der Weltgeschichte gestreift worden,
nur in etwas anderer Art, als uns bisher bekannt war!

82 Vgl. u.a. H. Horeis u. M. Liebig (Hrsg.): Strahlenwaffen. Militärstrategie im Umbruch.
München 1985.

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