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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0240
Heinz Pfefferle

werde alles tun, um die CDU von einem aussichtslosen Gebrauch momentaner
parlamentarischer Macht abzubringen10. Nicht nur die schulpolitischen Schlußfolgerungen
, sondern auch die grundlegende Argumentation des protestantischen Flügels
unterschieden sich sehr deutlich vom katholischen Standpunkt. Dies wird in einem
Papier deutlich, das offenbar von Vertretern des protestantischen Flügels verfasst
wurde11. Staat muß Bildungsmonopol beanspruchen. Erziehung nicht Privatsache der
Eltern und Kirchen. Begründung: allen Staatsbürgern die gleiche Chance bei der
schulmäßigen Bildung und Erziehung eröffnen. Außerdem Einheit der staatlichen
Erziehung unter dem Gesichtspunkt des späteren Zusammenlebens der erwachsenen
Staatsbürger, der Pflege des Zusammengehörigkeitsgefühls, der Volksgemeinschaft.
(!) ... Daraus folgt vom protestantischen Gesichtspunkt: christliche Gemeinschaftsschule
. Gemeinschaft wegen Volksgemeinschaft und gleicher Bildung; christlich wegen
Einräumung der Durchsetzung der christlichen Weltanschauung im staatlichen
Erziehungssystem.

Es folgt eine detaillierte Aufzählung von religiösen, politischen, schulmäßigen und
praktischen Bedenken gegen die Konfessionsschule. Das Papier formuliert die protestantische
Position so: Gemäß des christlichen Bekenntnisses des überwiegenden
Teiles der Bevölkerung Südwürttembergs ergibt sich als Haupttyp der Schulform in
Südwürttemberg die christliche Gemeinschaftsschule, die die Anliegen beider Konfessionen
ganz berücksichtigt, aber das Unchristliche zwischen den Konfessionen
endlich überwindet. Unübersehbar sind in diesen Zitaten die unüberbrückbaren
Gegensätze im ideologischen wie im praktischen schulpolitischen Denken zwischen
dem katholischen und dem protestantischen Flügel der südwürttembergischen CDU.

Damit ergibt sich für die südwürttembergische CDU das dringende Gebot einer
Kompromißsuche. Deshalb werden noch ganz am Anfang der Verfasssungsberatung
die Kirchenvertreter am 6. Dezember 1946 zu einer Sitzung der CDU-Fraktion eingeladen
. Während die Vertreter des Rottenburger Ordinariats entschieden die
Bekenntnisschule fordern, legt Landesbischof Wurm ein ebenso entschiedenes Veto
dagegen ein. Nur mit größter Mühe kann wenigstens in der Formulierung ein Kom-
promiss gefunden werden. Beide Flügel verzichten auf die bisher in der Debatte
„naiv" gebrauchten und prestigebeladenen Begriffe „Konfessionsschule" und
„christliche Gemeinschaftsschule". Die neue Formulierung heißt jetzt christliche
Schulen auf bekenntnismäßiger Grundlage. Dies ist angesichts der Stärkeverhältnisse
in der CDU-Fraktion in der Verfassungsgebenden Landesversammlung nicht verwunderlich
. Sie besteht aus 27 Katholiken und 15 Protestanten. Fast alle Katholiken
unterstützen einhellig die Konfessionsschule, ebenso 5 Protestanten pietistischer Prägung
. Schwierig wird die Situation jedoch dadurch, dass sich die unterlegene liberale

10 Schreiben vom 17.12.1946 (ACDP, Bestand I - 105 - Nr. 045).

11 Dieses interessante Papier weist leider weder eine Uberschrift noch einen sonstigen inhaltlichen
Bezug noch eine Autorenschaft noch ein Datum auf. Es dürfte im Herbst 1946 entstanden
sein, da es wohl zur innerparteilichen Diskussion im November/Dezember 1946 gedacht
war. Es zeigt noch keinerlei Versuch zur Kompromissfindung, sondern zeigt die ursprüngliche
Position des protestantisch-liberalen (d.h. nichtpietistischen) Flügels der südwürttembergischen
CDU (ACDP I - 105, Nr. 045).

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