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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0245
Südwürttembergische Regionalidentität und die Wiedereinführung der Konfessionsschule

sehen Bildungslandschaft sei. Schon dies allein macht die ursprüngliche und immer
wieder durchscheinende Option der französischen Besatzungsmacht für ein laizistisches
Bildungswesen nach dem Vorbild Frankreichs obsolet.

Ebenso denkt Carlo Schmid, der in der württembergischen SPD dezidiert für eine
solche christlich geprägte Schul- und Kulturpolitik Werbung macht und sich offen
von den laizistischen Thesen der SPD der Weimarer Republik trennt. Weit verbreitet
ist die Vorstellung, dass speziell die nationalsozialistisch erzogene und jetzt orientierungslos
gewordene Jugend dringend einer geistigen Führung bedarf, die nur durch
das Zusammengehen von Staat und Kirchen realisierbar sei. Handfest ausgedrückt:
Bürgermeister, Pfarrer und Lehrer müssten zusammenstehen, um die Jugend wieder
in den Griff zu bekommen22. Der Nationalsozialismus wird in dieser Interpretation
monokausal als Abirrung gegenüber bewährten christlichen Traditionen verstanden,
an die man jetzt unbedingt wieder anknüpfen müsse.

Das zweite und vielleicht noch entscheidendere Argument für die Konfessionsschule
ist aus der Sicht ihrer Anhänger die Vorstellung, dass nur eine konfessionsreine Erziehung
in der Lage ist, echtes Christentum zu vermitteln. Interkonfessionelle Ausrichtung
wird mit Verwässerung gleichgesetzt und deshalb nur negativ verstanden. An diesem
Punkt verwickeln sich allerdings die politischen Propagandisten der Bekenntnisschule in
einen gravierenden Widerspruch: Auf der politischen Ebene verfechten sie vehement die
interkonfessionelle Zusammenarbeit im Rahmen ihrer Partei, der CDU, und verlangen
gleichzeitig die konfessionelle Trennung als Regelfall für die staatliche Bildungspolitik.
Noch konkreter gesagt: Als Politiker schließen sie eine Vernunftehe mit den Protestanten
zur Uberwindung der Minderheitenposition des Zentrums, um gleichzeitig das hergebrachte
Mißtrauen gegenüber dem protestantischen Christentum als Vorform der
Säkularisierung im Schulbereich zu pflegen. Dieser Widerspruch wird auch vom protestantischen
Flügel der südwürttembergischen CDU durchaus gesehen. In dem hier formulierten
Positionspapier wird unter der Uberschrift Bedenken gegen die Konfessionsschule
nach den religiösen ausdrücklich aufgeführt: politisch: Gegen den Gedanken der
CDU2i. (..) In der Debatte um den Schulartikel der südwürttembergisch-hohenzolleri-
schen Landesverfassung am 3. Dezember 1946 wird vom DVP-Abgeordneten Kohler
ausdrücklich auf diesen neuralgischen Punkt hingewiesen24. Eine Reaktion der CDU-
Fraktion ist zumindest nicht protokolliert.

Während die Begründung für die Konfessionsschule hochideologisch vorgetragen
wird, ist die Argumentation der Gegner der Konfessionsschule sehr stark an den
praktischen Folgen orientiert, die eine Einführung der Konfessionsschule mit sich
brächte. Eine frühe Zusammenstellung dieser Gründe findet sich in dem oben bereits
zitierten Papier des protestantischen CDU-Flügels. Sie werden im Abschnitt „Bedenken
gegen Konfessionsschule" folgendermaßen formuliert:

22 So formuliert es explizit eine Bürgermeisterbesprechung in Münsingen Anfang der 50er
Jahre.

23 ACDP I - 105, Nr. 045.

24 Protokoll der Verhandlungen der Verfassungsgebenden Landesversammlung für Württem-
berg-Hohenzollern, S. 41.

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