Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0247
Südwürttembergische Regionalidentität und die Wiedereinführung der Konfessionsschule

wieder betonen das Ordinariat in Rottenburg und oberschwäbische CDU-Funktionäre
, dass sie unter einem starken Druck stünden und schon von daher gar keine
andere Wahl als die Entscheidung zugunsten der Konfessionsschule treffen könnten.
Wörtlich fällt die Formulierung der oberschwäbischen CDU-Vertreter in der Verfassungsgebenden
Landesversammlung, sie dürften ohne die katholische Bekenntnisschule
nicht heimkommen. Mühelos gelingt es dem Ordinariat während der Behandlung
der Schulfrage im Rahmen der Verfassungsberatung, zahllose Unterschriftenlisten
von entsprechend interessierten Eltern beizubringen.

Seltsamerweise verweist Winkeler nicht auf die Abstimmungsergebnisse beim Plebiszit
über die Landesverfassung und auf die Ergebnisse der ersten Landtagswahl. Beide
münden in einen Triumph der CDU, die sich als einzige Partei im Wahlkampf ganz
mit der Verfassung identifiziert hat, die ja schließlich auch unübersehbar ihre Handschrift
trägt. Hätte die Bevölkerung in größerem Umfange Vorbehalte gegenüber dem
Schulartikel der Verfassung und gegen die schon klar sich abzeichnende Konfessionsschule
gehabt, so hätte dies kaum in ein so gutes Wahlergebnis für die südwürttem-
bergische CDU münden können. Ebenso wie die Abgrenzungspolitik gegenüber
Nordwürttemberg bekommt auch die Schulverfassung die Weihe demokratischer
Zustimmung breiter Wählerschichten. Selbstverständlich ist diese Zustimmung in eher
liberalen Kreisen des Protestantismus, etwa in Tübingen und Reutlingen, nicht vorauszusetzen
; aber die Negativvorbehalte sind hier auch nicht sehr ausgeprägt. Man ist
offenbar bei allem Ärger bereit, in der Schulfrage Konzessionen zu machen.

Auch die Schulwahlen auf kommunaler Ebene vom 12. Dezember 1948 ergeben ein
eindeutiges Gesamtbild. Es ist auch die logische Folge eines recht ungleich geführten
Abstimmungskampfes. Während das Ordinariat mit großen Nachdruck und allen
ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten über die entsprechenden Verbände Propaganda
für die Konfessionsschule machte, die in einem entsprechenden Hirtenbrief
gipfelte, der ein Votum für die Bekenntnisschule zur Pflicht für die Gläubigen erhebt,
ist die Gegenseite geradezu paralysiert durch ihre inneren Widersprüche. Die Bitte
des Oberkirchenrats um Verschiebung der Abstimmung bis zur Bildung des Südweststaats
ist eine völlige, ja groteske Verkennung der Absichten und Strategie der
südwürttembergischen CDU.

Nachdem immer klarer geworden ist, dass die von der evangelischen Landeskirche
favorisierte christliche Gemeinschaftsschule keineswegs ein protestantisches Profil
bekommen kann, weil sie wahllos alle Nichtkatholiken, also auch Mitglieder von Sekten
und Bekenntnislose umfassen wird, wird die Stimmung im Oberkirchenrat nicht
nur bei den Pietisten immer kritischer. An eine einheitliche Aktion gegen die Bekenntnisschule
ist jetzt weniger als je zuvor zu denken. Während die Befürworter der
Konfessionsschule innerhalb der Lehrerschaft sich unbekümmert zu Wort melden,
haben die liberalen Gegner der Konfessionsschule in der Lehrerschaft Sorge, dass ein
entsprechendes öffentliches Votum ihnen dienstliche Nachteile einbringen könnte,
und verhalten sich entsprechend äußerst vorsichtig. Das Abstimmungsergebnis sieht
infolgedessen folgendermaßen aus:

- 55,2 % für eine katholische Bekenntnisschule (97 % aller katholischen Schüler besuchen
damit eine solche Schule);

- 23,2 % für eine evangelische Bekenntnisschule;

233


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0247