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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0253
Südwürttembergische Regionalidentität und die Wiedereinführung der Konfessionsschule

sehen wird. Wer will es nach diesen Erfahrungen den katholischen Oberschwaben
verdenken, dass sie nach 1945 in Gestalt der Konfessionsschule eine Absicherung
kultureller Autonomie wollen?

9. ZUSAMMENFASSUNG

Will man den Sieg der Konfessionsschule in Südwürttemberg-Hohenzollern erklären,
so wird man gut daran tun, sich klar zu machen, dass hier ein regionales Sondermodell
vorliegt. Weder für den südbadischen Landesteil noch für den nordbadisch-
nordwürttembergischen kann sich diese Schulform durchsetzen. Vor allem der Vergleich
mit Südbaden zeigt, dass weder die Vorherrschaft der CDU noch das Überwiegen
der Katholiken ein hinreichender Grund ist, dass sich die Konfessionsschule
durchsetzen kann; offenbar ist die badische Tradition der Simultanschule stärker als
alle anderen Tendenzen. Auffällig ist auch, dass die CDU im Südwesten keineswegs
ein einheitliches Konzept vertritt, sondern regional ganz unterschiedlich operiert. In
allen Landesteilen - eben außerhalb von Südwürttemberg-Hohenzollern - findet sie
sich mit der Simultanschule offenbar ohne größere Schwierigkeiten ab. Noch auffälliger
ist das Verhalten des katholischen Episkopats. Während Bischof Sproll unnachgiebig
für die Konfessionsschule kämpft, ist sein Freiburger Kollege Gröber zum
Kompromiss mit der hergebrachten badischen Simultanschule ohne weiteres bereit.
Auf allen Ebenen findet die katholische Konfessionsschule in Oberschwaben vehementen
Zuspruch. Es wäre naiv, dies nur dem Druck aus Rottenburg und der
bischöflichen Propaganda zuzuschreiben. Vielmehr ist anzunehmen, dass auch die
Bevölkerung hinter dieser Forderung steht. Die Konfessionsschule ist in Oberschwaben
vermutlich Ausdruck kultureller Autonomiebestrebungen gegenüber Stuttgart,
Zeichen eines regional geprägten katholischen Selbstbewußtseins, Teil der nach 1945
neu belebten Identitätsbildung. Besondere Beachtung verdient auch der Umstand,
dass Kultusminister Albert Sauer massiv die Bekenntnisschule fördert und zugleich
die wichtigste und prominenteste Figur der oberschwäbischen Interessen- und Iden-
titätspolitk ist. Identitätsstiftung von Seiten der kirchlichen und der parteipolitischen
Hierarchien begegnen sich gerade in dieser Frage mit einer Identitätsbildung von
unten. Nicht zu unterschätzen ist natürlich auch die pietistische Unterstützung der
Bekenntnisschule, die im Grunde ebenfalls Distanz zum Stuttgarter Zentralismus
(hier aber innerkirchlich, nicht politisch gemeint) erkennen läßt und sich insofern mit
einem Grundbestreben der katholischen Oberschwaben trifft.

Wie oben schon angedeutet, verdrängt das Thema Simultan- oder Konfessionsschule
alle anderen bildungspolitischen Themen in Württemberg-Hohenzollern. Rolf
Winkeler konstatiert ein breites Feld mit zahlreichen Defiziten in der Bildungsdiskussion
und führt sie auf die einseitige Fixierung der gesamten Diskussion auf den
Streit um die Konfessionsschule zurück. Ganz parallele Entwicklungen sind auch in
der bayerischen und rheinlandpfälzischen Schulpolitik beobachtbar. Weder in Bayern
noch in Württemberg-Hohenzollern seien Anstrengungen im Sinne gleichmäßigerer
Bildungschancen unternommen worden (etwa durch Lernmittelfreiheit, Begabtenförderung
) noch habe man das Bildungsniveau durch hochschulmäßige Lehreraus-

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