Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0279
Besprechungen

gegen das mittelalterliche Urfehdewesen besser erforscht ist. Blauert untersucht nun
die Entwicklung der Urfehde anhand unterschiedlicher südwestdeutscher Territorien
, darunter das Fürstentum Hohenzollern-Hechingen und die zollerische
Herrschaft Haigerloch-Wehrstein, sowie anhand von Reichs- und Landstädten.
Allerdings ist gleich hier einschränkend zu bemerken, dass die in den genannten
Territorien und Reichsstädten überlieferten Urfehden in unterschiedlicher Intensität
ausgewertet werden; die zollerischen Urfehden wurden aus der genaueren Untersuchung
ausgeschlossen. Die frühen Urfehden waren primär städtischen Ursprungs.
Die Urfehde war ein in Urkundenform schriftlich fixiertes, eidliches Friedeversprechen
und ein Versprechen, sich nicht für begangenes Unrecht oder im Zuge der Fehde
erlittene Gefangenschaft zu rächen. Mit der Urfehde wurde der friedlose Zustand, die
Fehde, beendet. Sie spielte im Mittelalter bei der Beendigung der Fehden zwischen
Städten und ihren Gegner aus der Ritterschaft eine Rolle. So diente die Urfehde zunächst
der Friedenswahrung nach außen und damit der Durchsetzung der politischrechtlichen
Ordnungsvorstellungen und wirtschaftlichen Ansprüche der Städte.

Allmählich kam im 14./15. Jahrhundert eine Variante auf: Urfehde wurde bei Entlassung
aus städtischer Haft geschworen als Gehorsamschwur und Racheverzicht
gegenüber der städtischen Obrigkeit. Mit dem Urfehdeschwur konnte der Stadt- bzw.
Landesverweis verbunden sein. Die Urfehde diente hier der Friedenswahrung nach
innen und der Wahrung der städtischen Rechtsprechungsansprüche, indem der Gang
an fremde Gerichte verwehrt wurde. Der Schwörende band sich durch den Eid juristisch
und moralisch selbst . Blauert kann nachweisen, dass bis in die Zeit um 1550
Urfehden hauptsächlich nach Gewaltdelikten (verbale oder körperliche Gewalt) und
Vergehen gegen die Obrigkeit geschworen wurden. Die nächste Entwicklungsstufe
der Urfehde stand im Zeichen der sich entwickelnden Territorialstaaten, der Verdichtung
der Staatlichkeit und des Ausbaus der Bürokratie: die Urfehde verlor den
Charakter eines feierlichen Eids und wurde zunehmend zum einfachen Amtsakt. Die
im Aufbau begriffenen Territorialstaaten griffen gerne zum Mittel der Urfehde, um
ihren Strafanspruch durchzusetzen. Bei stärker ausgebildeter Staatlichkeit wurde die
Urfehde uninteressant. So nimmt die Anzahl der Urfehden seit Beginn des 17. Jahrhunderts
ab. Zugleich war die Urfehde im Zeitalter der Konfessionalisierung mit den
Disziplinierungsmaßnahmen gegenüber den Untertanen verbunden. Erinnert sei nur
an die zahlreichen Landesordnungen zur Wahrung der öffentlichen und göttlichen
Ordnung. Dank der Disziplinierungsmaßnahmen, wozu auch die Urfehden gehörten
, erfolgte ein Rückgang der manifesten Gewalt, so Blauert. Dem Bemühen, das
Verhältnis der Menschen untereinander weniger gewalttätig zu gestalten, war ein längerfristiger
Erfolg beschieden. Die Urfehde leistete einen Beitrag zur Verrechtlichung
der sozialen Beziehungen im Kontext der allgemeinen Verrechtlichungstendenzen.
Allerdings wurde die Gewalt eher kanalisiert und umgelenkt, denn gänzlich abgeschafft
. Den obrigkeitlichen Bestrebungen, die Sittenzucht zu heben, entspricht, dass
Urfehden ab dem 16. Jahrhundert zu einem hohen Maße nach Sittlichkeitsdelikten
(Unzucht, außereheliche Schwängerungen), aber auch nach Eigentumsdelikten
(Diebstahl) geschworen wurden.

Im 17. und 18. Jahrhundert änderte die Urfehde ihren Charakter nochmals und
diente dort, wo sie noch eingesetzt wurde, der Durchsetzung der obrigkeitlichen Poli-

265


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0279