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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2001/0303
Besprechungen

diesen Jahren liegen seine politischen Anfänge im Rottenburger Zentrum. Auf die
Parteipolitik verzichtet Müller indessen, um wieder in den staatlichen Justizdienst
aufgenommen zu werden. 1933 nimmt er eine Stellung als Amtsrichter an, die er mit
zeitweiligen Unterbrechungen als Wehrmachtssoldat während des Krieges bis 1945
wahrnimmt. Auch während der NS-Diktatur bleibt Müller dem politischen Katholizismus
im Land verpflichtet. Wegen seines rechtsstaatlichen Verhaltens beim Novemberpogrom
von 1938 - er drängt als zuständiger Amtsrichter auf Löschen des Synagogenbrands
in Göppingen und zeigt die örtlichen Verantwortlichen tags darauf
wegen Unterlassung an - wird Müller, nachdem er aus Sicht der Nationalsozialisten
in der Kleinstadt untragbar geworden ist, nach Stuttgart versetzt, wo er Mietsachen
zu entscheiden hat. In Stuttgart pflegt Müller mit anderen Vertretern des politischen
Katholizismus Kontakte, unter anderem auch mit Eugen Bolz, der 1945 wegen seiner
Beteiligung am Staatsstreichversuch des 20. Juli hingerichtet worden ist. Müller war
nach Hochstuhls Urteil zwar kein Widerstandskämpfer, der durch aktive Handlungen
das Regime schädigte, aber er widerstand den Lockungen des Regimes und nahm
dafür in Kauf, beruflich nicht vorwärts zu kommen. Dass sich Müller nach dem
Zweiten Weltkrieg der Politik zuwandte, wie es ihm Eugen Bolz vorhergesagt hatte,
sieht Hochstuhl als Glücksfall an.

1945 steht Gebhard Müller als politisch Unbelasteter für den Neuaufbau bereit (im
Staatsarchiv Sigmaringen befindet sich Gebhard Müllers mittlerweile nicht mehr
gesperrte Entnazifizierungsakte). Frank Raherg zeigt in seinem Beitrag „Anfänge der
politischen Laufbahn in der Justizverwaltung und in der CDU Württemberg-
Hohenzollern 1945 - 1952", wie Müller in den ersten Nachkriegsjahren vorerst noch
im Schatten älterer Politiker steht. Sein Mentor ist Josef Beyerle, von dem er nach
Tübingen entsandt wird und Fundamente für die Wiedererrichtung der Justiz in Südwürttemberg
und Hohenzollern legt. Zunächst versperrt ihm Carlo Schmid die formelle
Leitung des Justizressorts für Württemberg-Hohenzollern, weil er diese als
Tübinger Regierungschef mit glänzenden Verbindung zu den französischen Besatzungsherren
bis 1947 selbst wahrnimmt. Müller leitet aber faktisch das Justizressort
in Tübingen. Für seine Reorganisationsarbeit der Justiz in diesem kleinen von den
Franzosen neu geschaffenen Ländchen und die selbständige Arbeit im Ressort erhält
Müller 1947 als einziger Ministerialbeamter der Tübinger Regierung den Rang eines
Ministerialdirektors.

Als im Mai 1947 nach den Landtagswahlen die CDU die absolute Mehrheit errang
und in Württemberg-Hohenzollern den Regierungschef zu stellen hatte, wurde
Müller übergangen, obwohl er bereits seit März 1947 CDU-Parteivorsitzender im
Lande war. In der Anhängerschaft der oberschwäbischen CDU-Altvorderen galt der
47-jährige Müller „als zu jung und als zu sehr mit den Herren von der SPD versippt".
Gewählt wurde Lorenz Bock, den die französische Militärregierung als „ultrakonservativ
" einschätzte. Fortan profilierte sich Müller als Fraktionsvorsitzender als der
führende Unionspolitiker neben dem Staatspräsidenten.

Als Lorenz Bock überraschend starb, fiel im August 1948 Gebhard Müller das
Amt des Staatspräsidenten von Württemberg-Hohenzollern zu, das er bis zur Konstituierung
des Südweststaats 1952 ausübte. Das Wirken des Tübinger Regierungschefs
Müller und seinen Beitrag zur Gründung Baden-Wüttembergs beleuchtet Paul-

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