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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0044
Edwin Ernst Weber

Das Missfallen von Maria Monika Hafner findet weiterhin der angebliche Hang
zumal der jüngeren Schwestern zu individueller Extravaganz. Wenn ein Welsch oder
Krämer an die Klosterpforte komme, laufe eine nach der anderen zur Pröpstin und
bitte um Erlaubnis, mit dem eingebrachten und von der Klostervorsteherin verwalteten
Geld Bändel, Seidenzeug, Taffet, goldene oder silberne Spitzlein zu kaufen. Beim
Geschirr leiste man sich Majolikaprodukte oder geschnittene Tischgläser, während
sich die früheren Klosterfrauen mit einfachem, schlechtem Glas und irdenem
Geschirr begnügt und sich allgemein bemüht hätten, untereinander gleichförmig zu
sein. Selbst beim Kirchenschmuck konstatiert die Kritikerin eine recbt(e) Hoffahrt
und einen Verstoß gegen das klösterliche Armutsgebot, wenn man nie genug bekommt
^. Das in der älteren Forschung verbreitete Bild von der absoluten Askese,
Kargheit und Einfachheit der klösterlichen Lebensführung in Inzigkofen95 ist angesichts
dieser Aufschlüsse wohl zumindest partiell zu relativieren.

7. VOM DOKTORHOLEN UND ADERLASSEN

Interessante Einblicke gewährt die Klageschrift von 1756 sodann in das klösterliche
Gesundheits- und Medizinalwesen. Auch auf diesem Feld herrschen in den Augen
von Chorfrau Maria Monika Uberfluss und individueller Eigensinn. In früheren Zeiten
sei bei Erkrankung einer Schwester niemals nach dem Doktor geschickt worden,
habe man doch gewusst, dass das Doktorholen eine kostspielige Sache sei. Den Doktor
müsse man nämlich stets von den klösterlichen Dienstboten mit Kutsche und
Pferden abholen und sodann wieder heimfahren lassen, während seines Aufenthalts
im Kloster lasse er sich bei Tag und Nacht bezahlen. Nunmehr habe die eine Schwester
Lust zum Doktor von Buchau und die zweite zu einem anderen. Wenn ein Arzt
komme, verschreibe er ein Rezept, sein Kollege ein anderes, je nach Manier. Was einer
gut mache, verderbe der andere. Analog zum Kloster Wald beschäftigt offenbar auch
das Chorfrauenstift Inzigkofen einen Ordinari-Doktor, der ein fixes, gewissermaßen
leistungsunabhängiges Honorar an Geld, Getreide und Fleisch bezieht und darüber
hinaus offenbar fallbezogene Vergütungen für Krankenbesuche und Rezepte. Die
Pröpstin habe den Doktor Steinmann von Riedlingen gerufen, den man im Kloster
aber gar nicht gerne sehe, weil er immer so viele Geschenke davontrage. Neben den
Ärzten würden von den Schwestern jetzt vielfach auch Balbiere zu Rate gezogen, von
deren Kunst Maria Monika Hafner offenbar rein gar nichts hält96. Wie das Beispiel
der Pröpstin Anna Maria Schöpfer zeigt, deren Brustkrebs von einem durch den Abt
von Kreuzlingen vermittelten Konstanzer Chirurgen - allerdings ohne anhaltenden
Erfolg - operiert wurde97, erfahren die Inzigkofer Klosterfrauen im 18. Jahrhundert

94 Ebd., S. 141, 157.

95 Als Beispiel Eisele (wie Anm. 5), S. 145.

96 Kraus (wie Anm. 4), S. 144, 149; zur medizinischen Versorgung im Kloster Wald im
18. Jahrhundert vgl. Kuhn-Rehfus (wie Anm. 2), S. 303f.

97 Lebensbeschreibung der Pröpstin Anna Maria Schöpfer (Lebensbeschreibungen 1742 -
1801, wie Anm. 4).

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