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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0053
Geistliches Leben und klösterlicher Alltag im Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen

Maria Clara Wegscheider selbst, Sticken, Blumenfertigen und anderes mehr dagegen
könne sie nicht. Sie spanne dafür zahlreiche andere Schwestern ein und verspreche
diesen im Gegenzug Arbeiten aus Wachs. Dank ihres stetigen Drängens gebe es nur
wenige Frauen im Kloster, die nicht für Maria Clara tätig seien. Sie sei das ganze Jahr
über für sich selbst und die Weltleuthe unvermindert beschäftigt, und ist auch niemahl
Feyerabent bey ihr. Sie lese auch nur wenig Geistliches, und man muess sie nur
mähen lassen, wie und was sie will. Uber ihrer Handarbeit vernachlässige sie sogar die
geistlichen Verrichtungen und Pflichten und zuletzt sogar die dreitägigen geistlichen
Übungen unter der Leitung von Pater Bernard. Viele ihrer Handarbeiten gingen in die
Klöster Beuron und Obermarchtal, wo einer ihrer Brüder und viele Herren von ihr
mit Gaben beschenkt würden122.

Eines der sicherlich größten künstlerischen Talente in der gesamten Klostergeschichte
war die aus Trochtelfingen stammende Chorfrau Maria Rosa von Ponsar
(1723 - 1781). Sie hatte ein sonderbahre Gnad zu allhand schönen arbeithen, als da
ist wax busieren, schöne blat von seiden als auch leinwath zu machen, daß man solche
von den Nathierlichen nit wohl unterscheiden kunte, als auch bilder mahlen, weiß ihr
Nachruf zu rühmen. Alle diese Fertigkeiten, zu denen auch noch das Sticken kam,
habe sie aus sich selbst erworben, lediglich die Fassarbeit wurde ihr von einem Lehrmeister
, einem Vetter, beigebracht, den sie aber schon bald an Können übertroffen
habe. Mit ihrem Kunstschaffen habe sie Kunden aus vielen umliegenden Orten
bedient und dadurch dem Kloster Einkünfte von etlichen 100 Gulden beschert. Zu
besonderem Dank ist ihr das Stift dem Nachruf zufolge aber vor allem anderen für
das schöne Gitter verpflichtet, das sie als besondere Zierde der Klosterkirche für den
Frauenchor sowie die Oratorienfenster geschaffen und damit dem Stift über 1000
Gulden erspart habe. Als dem Kloster nach dem Kirchenneubau von 1780 das eigentlich
geplante eiserne Chorgitter zu teuer erschien, habe Maria Rosa von Ponsar mit
ihrem sünreichen Verstand die Fertigung eines Gitters aus Draht, Papier, Leim und
Holzstäben entworfen und mit Unterstützung von einigen jungen Klosterfrauen
sowie von zwei Geistlichen innerhalb eines Jahres vollendet. Der untere Teil des
Emporengitters und ebenso die Fenstergitter an der Kirchennordwand bestehen aus
farbig gefassten Blumenstöcken in Vasen, im oberen Feld finden sich der Gekreuzigte
und die zwölf Apostel, kunstvoll umrankt von Weinreben mit Blättern und
Trauben. Noch vor Vollendung ihres Meisterwerks stirbt am 29. Juli 1781 Schwester
Maria Rosa von Ponsar im Alter von 58 Jahren123.

Auch diese überragende Künstlerin begegnet dem Vorwurf der eigentümlichen
Arbeit zu Lasten der Klostergemeinschaft. Bei der Visitation von 1756 klagt Schwester
Maria Dorothea, dass Maria Rosa von Ponsar Malarbeiten für Klosterfremde
gegen Geld fertige. Ihr früherer Lehrmeister habe sich darüber schon beschwert und

122 (M. Monika Hafner:) Bericht an den Visitator (wie Anm. 4), fol. 67v - 70r; Kraus (wie
Anm. 4), S. 146.

123 Lebensbeschreibung der Chorfrau Maria Rosa von Ponsar (Lebensbeschreibungen 1742 -
1801, wie Anm. 4); Klosterchronik (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 365; vgl. auch Weber, Krippenbau
(wie Anm. 117).

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