Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0062
Edwin Ernst Weber

gutbestückten Klosterapotheke als Almosen, d. h. unter Verzicht auf eine Bezahlung
ausgegeben. Milde Gaben an der Klosterpforte sind zum einen mit festen Anlässen
verbunden wie etwa der Begehung von Jahrtagen oder nach dem Tod von Schwestern,
wenn täglich bis zum Dreißigsten ein Bedürftiger vom Kloster ein Pfraindt, d.h.
Speise und Trank wie für einen Lebenden, erhält159. Zum anderen ist die Inzigkofer
Klosterpforte eine beständige Anlaufstelle für Arme und Bedürftige aus nah und
fern. Auch wenn dies in Ermangelung der Klosterrechnungen nicht konkret belegt
werden kann, dürfte der jährliche Almosenaufwand in Inzigkofen wohl nur wenig
hinter jenem des Klosters Wald zurückgeblieben sein, wo 1794/95 ca. 345 Gulden für
diesen Zweck ausgegeben wurden und das große Brotalmosen alljährlich am Gründonnerstag
im 18. Jahrhundert zu regelrechten Volksauf laufen mit angeblich bis zu
9000 Personen führte160.

Welch enorme Bedeutung das klösterliche Almosen für die zahlreichen Armen
und Bedürftigen zumal in Notzeiten hatte, wird in den Jahrzehnten vor der Säkularisation
zumal in der Teuerungskrise von 1770/71 deutlich161. Die Inzigkofer
Klosterchronik berichtet von einem Anstieg des Malterpreises bei Kernen in der
Umgebung auf 37 Gulden und von Menschen, die sich in ihrer nackten Not von
Eicheckern, klein gehacktem Heu und Brennnesseln, vor allem aber von Erdäpfeln
ernähren. Bey disem wahre allerorth ein grosse Volichsmänge besonders der Armen
sowohl Haussessen als landlaiffigen Bettlern und haben offters in einem Tag 400
Arme das Almosen bey unserem Gottshaus gehollet und gesagt, sye bekommen schier
nirgendes kein Stückhlein Brot mehr als bey unserem Gotthaus. Der schöne Vorrat
des Stifts an Getreide wurde dadurch gänzlich aufgebraucht, so dass man gleich nach
der Ernte dreschen musste. Dank seiner Lebensmittel-Reserven hatte der Klosterchronik
zufolge der Konvent selbst keine Not zu leiden, und auch den klösterlichen
Bediensteten konnte bis kurz vor der Ernte ihr Essen und Laiblein gegeben werden162.

Im Unterschied zu verschiedenen anderen Frauenklöstern, die wie etwa die Pful-
lendorfer Dominikanerinnen und Kapuzinerinnen Schulunterricht für Mädchen
erteilen163, können die Inzigkofer Augustinerinnen gegenüber den aufgeklärten
Nachfragen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts keine weiteren Nachweise
einer öffentlichen „Nützlichkeit" vorlegen. Die praktizierte Aufnahme junger
Mädchen der Lehr und Zucht halber in das Kloster erfolgt primär zur eigenen Nachwuchs
-Rekrutierung164, die Förderung des Schulwesens im bäuerlichen Klosterdorf
beschränkt sich auf von der fürstlichen Regierung veranlasste Geld- und Holzzuwendungen
für den Ortsschulmeister165, und auch die in den 1760er Jahren für 350

159 Ebd.

160 Kuhn-Rehfus (wie Anm. 2), S. 339f.

161 Allgemein zur Hungersnot und Teuerung von 1770/71 Wilhelm Abel: Massenarmut und
Hungerkrisen im vorindustriellen Europa. Hamburg u.a. 1974, S. 199ff.

162 Klosterchronik (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 295ff.

163 hermann Schmid: Die Säkularisation der Klöster in Baden 1802 - 1811. Überlingen 1980,
S. 84.

164 Kraus (wie Anm. 4), S. 155; zu Kloster Wald vgl. Kuhn-Rehfus (wie Anm. 2), S. 345.

165 Wie Anm. 18.

46


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0062