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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0065
Geistliches Leben und klösterlicher Alltag im Augustinerchorfrauenstift Inzigkofen

Voller Erschütterung und Fassungslosigkeit wird sodann in der Inzigkofer Chronik
der Ablauf der Klosteraufhebungen in Gorheim und Laiz geschildert mit der
Aufnahme des gesamten Vermögens der Konvente durch Beamte des österreichischen
Oberamts Stockach, der Durchsuchung und Versiegelung der Nonnenzellen und
schließlich der Versteigerung der klösterlichen Ausstattungs- und Wertgegenstände,
wobei den angeblich in Gutschen haufenweis zugefahren(en) Juden zur Last gelegt
wird, die Verkaufspreise so hoch getrieben zu haben, das nit möglich gewesen, das
Ein Ehrlichter Christ Etwas an sich hat bringen könen (!). Besondere Empörung ruft
es hervor, dass die österreichischen Commissare auch die gestifteten schönen Röcke
des Laizer Vesperbildes nicht verschonen und selbst das von der Muttergottesfigur
getragene Gewand mitnehmen wollen, was die Sakristanin indessen mit Erfolg verweigert171
. Das weitere Schicksal der von den josephinischen Klosteraufhebungen
betroffenen Frauen verbleibt den Inzigkofer Augustinerinnen auf Dauer vor Augen,
indem rund 34 Schwestern aus zahlreichen aufgehobenen Konventen in ganz Schwaben
zunächst im Institut Gorheim in Gemeinschaft und unter Leitung des erwähnten
Directors zusammenleben und schließlich seit 1807 in noch geringerer Anzahl im
Gasthaus in Inzigkofen bis zu ihrem Tod privatisieren m.

Die Urheber dieser Verfolgung von Klöstern und Kirche, Kaiser Joseph II. und
seine höchsten Beamten, erscheinen der Inzigkofer Chronistin mit Ketzergift angefüllt
. Als Gipfel der kirchenfeindlichen Maßnahmen und des moralischen Niedergangs
wertet sie in offenkundigem Antisemitismus die kaiserliche Erlaubnis für die
Juden, sich in österreichischen Orten frei niederzulassen und bürgerliche Güter zu
erwerben. Als kaum geringere Bedrohung für die christliche Religion wird die Einführung
der Glaubensfreiheit, der Tolleranz, in allen österreichischen Erblanden
abqualifiziert. Der Misserfolg der Wien-Reise von Papst Pius VI. schließlich, der 1782
Kaiser Joseph II. vergeblich zur Rücknahme seiner kirchenpolitischen Maßnahmen
zu bewegen versucht, lässt die Inzigkofer Chorfrauen befürchten, es möchte Unser
Teitsches Vatterland, wo nit in wenig iahren Ein gänzlicher abfahl, doch wenigstens
grossen nachtheil im glauben zu gewarthen haben. Die Schuld an diesen Zuständen
wird den vielen ungläubigen Ministern am Wiener Hof zugeschrieben, massen wür
Just die Leydige Zeitten gehabt, wo die mehriste oder doch sehr vihl an Denen
gelehrten geglaubt, was sye haben wollen. Demgegenüber sei beim gemeinen Volk
das Christentum noch so guth bestölt, das sye, dergleichen laydige Umbständ
herendt, sich sehr darüber bestirzt und ihr gebett umb Hilff zu gott geschickht. Der
Kommentar der Klosterchronik zum Tod von Joseph II. 1790 ist mehr als eindeutig:
Das Laid und Bedauren war nicht gar groß, dan under disem Kayser wäre die Religion
und geistlichkeit gewaltig getrukht und herunder gesezt. Er liebte mehr ein Soldat
als einen priester, durch einführung der Tolleranz und frey press war alles in
Unordnung und das ganze Römische Reich betrangt, der anfang aber an allem wäre
die aufhöbung der Clösterm.

171 Ebd.

172 Geissenhof (wie Anm. 4), § 43.

173 Klosterchronik (wie Anm. 4), Bd. 3, S. 392ff., 473.

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