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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0080
Andreas Zekorn

Bischof Maximilian Christoph von Rodt, der damals ohnehin kaiser- und habsburgertreu
war, den Religiösen in Vorderösterreich die Entlassung in die Welt unter
Beibehaltung der genannten Gelübde zu, d. h. die Klosterfrauen wurden nur von der
Einhaltung ihrer Ordenregeln befreit41.

Die Klosteraufhebungen, aber auch die übrigen Verfügungen Josephs II. in kirchlichen
Dingen beruhten auf der Anschauung, dass der Landesherr „ein weitgehendes
Aufsichts- und Eingriffsrecht gegenüber der Kirche besitze" und zwar nicht allein
das jus circa sacra, sondern praktisch auch das jus in sacra. Ein neues Staatskirchenrecht
sprach dem Landesfürsten als „Schützer und Verteidiger der Kirche" Aufsichtsrechte
über die Kirche und das Recht auf Säkularisation zu42. In den Schriften
des österreichischen Staatskanzlers Fürst Kaunitz' und Hofrat von Heinkes von
1768/69, welche die theoretischen Grundlagen für die Klosteraufhebungen lieferten,
wurde dargelegt, dass es in der Willkür jedes Landesherren stünde, einen Orden in
seinem Land aufzunehmen oder abzulehnen. Folglich habe der Landesherr auch das
Recht, diese Zustimmung nachträglich wieder zurückzunehmen und einen Orden
aus seinen Ländern zu vertreiben43.

Die Kirchenpolitik Josephs im Allgemeinen rief zwar beim einfachen Volk starke
Reaktionen hervor, doch der Protest gegen die Klosteraufhebungen war insgesamt
wohl nicht sehr erheblich. Zu bedenken ist hierbei, dass weite Kreise des Klerus selbst
der Aufklärung angehörten44. Auch in anderen Bevölkerungsschichten, etwa im
gebildeten Beamtentum, war aufklärerisches, gegen die beschaulichen Klöster gerichtetes
Gedankengut verbreitet. Ein schöner Beleg hierfür, der zur Illustrierung dienen
mag, findet sich für einen Beamten aus der Umgebung Hohenzollerns, der in Diensten
der Truchsessen von Waldburg stand: Franz Xaver Clavel, ein studierter Jurist,
ab 1758 Rat und Kanzleiverwalter in der Friedberg-Scheerischen Herrschaft
Dürmentingen, veröffentlichte im Jahre 1770 freimütige Briefe aus Korsika, in welchen
er unter anderem gegen Mönchtum und unnütze Bettelorden anschrieb und
polemisierte: Soll das beten heißen und gar zu verdienstlich sein, wenn der Religiös

41 Ute Ströbele: Eine große Remedur? Die Klosteraufhebungen Kaiser Josephs II. in den
österreichischen Vorlanden. In: Alte Klöster, Neue Herren (wie Anm. 28), Bd. 2.1., S. 99-114,
S. 108f. - Zum Verhältnis zu den Bischöfen auch: Eberhard Gothein: Der Breisgau unter
Maria Theresia und Joseph IL, Heidelberg 1907, S. 74ff. - Insgesamt bedarf die Rolle der
Bischöfe bei den josephinischen Klosteraufhebungen noch einer genaueren Klärung.

42 Valjavec, Josephinismus (wie Anm. 26), S. 45f.; zu den rechtlichen Grundlagen auch
KovAcs, Staatskirchensystem (wie Anm. 26), S. 46; dies., Joseph II. (wie Anm. 5), S. 5.

43 Winner, Klosteraufhebungen (wie Anm. 3), S. 52f., S. 79f.; vgl. insbesondere auch:
Schindling, Theresianismus, Josephinisamus (wie Anm. 29), S. 222ff.

44 Vgl. KovAcs, Joseph II. (wie Anm. 5), S. 8f.; Franz, Studien zur kirchlichen Reform (wie
Anm. 2), S. 122ff.; Aretin, Josephinismus (wie Anm. 7), S. 522ff.; zur Situation im 18. Jahrhundert
und zur Säkularisationsdebatte im 18. Jahrhundert: Franz Brendle und Anton
Schindling: Reichskirche und Reich in der Frühen Neuzeit. In: Alte Klöster, Neue Herren
(wie Anm. 28), Bd. 2.1., S. 3-22, S. 15; Winfried Müller: Säkularisation und Mediatisierung.
Historische und politische Voraussetzungen ihrer Durchführung. In: ebd. Bd. 2.1., S.327-346,
S. 329ff. (zur Aufklärung); zur Volksfrömmigkeit: Otto Beck: Das Krippele ist abgeschafft...
Frömmigkeit am Vorabend der Säkularisation. In: ebd., Bd. 2.1., S. 253-270.

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