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Otto Werner

5) In seinem Thun und Lassen - in seinen Gebärden?

6) Warum hat der Geistliche den Müssiggang -

7) die Trunkenheit -

8) den Umgang mit Personen des anderen Geschlechts so sorgfältig zu meiden?

9) Wie ist es zu verstehen, und erwahret sich, was ein grosser Geistmann sagt: Die
Priester sind entweder Teufel oder Heilige?

10) Der Geistliche, wenn er dieses Namens werth seyn will, muß von dem Geiste
der Wahrheit, der das Gemüth hell und rein, still und frey, gut und selig macht,
durchdrungen seyn, damit er das Leben des Geistes, das er in sich hat, auch ausser
sich zu offenbaren, und in andren zu erzeugen, Weißheit, Liebe, Kraft genug besitzen
. Dieser grossen Forderung kann er nur entsprechen, wenn er

a. liebt die Einsamkeit: warum? wenn er ist

b. ein Freund des Gebeths: warum? wenn er ist

c. ein Freund der Lauigkeit. und als solcher immer Leben in seine geistliche
Verrichtung bringt; nichts aus Gewohnheit thut: warum? - Und

d. sich bestrebt mit jedem Tage die Kenntnisse seines hohen Berufes zu
erweitem: warum?

Ein Beispiel (9. Thema) seiner Ausarbeitungen:
Für die Geistlichen giebt es keine Mittelstraße mehr, sie werden entweder das Organ der
ewigen Wahrheit, oder offenbare Verführer des Volkes, sie werden entweder wie der
große Geistmann sagt: Teufel oder Heilige. Der Geistliche um ein Heiliger genannt zu
werden wird niemals in den Verrichtungen seines erhabenen Standes müde. Gottes Ehre,
das Heil der Menschen liegt ihm nahe am Herzen. Er sucht Sünder durch liebreiche Vorstellungen
, durch Bitten, durch brüderliche Bestrafungen, durch Wohlthaten zu bekehren
: er setzt sich dem Strome der bösen Gewohnheiten entgegen. Er gehet mit heiligem
Beispiele voran. Sein Eifer erstreckt sich nicht nur auf einen oder den andern seiner Mitmenschen
; sondern er will, wie sein Erlöser alle selig machen. Er seufzet, bethet für alle
Menschen. Ihm ist nichts zu viel, nichts zu theuer, daß er nicht mit Freude hingebe, um
eine Sünde zu hintertreiben, eine gute That zu veranstalten, oder zu befördern. Er warnet
, mahnet, bestrafet, dringet darauf, zur Zeit und Unzeit. Alle seine Lebensstunden,
alle seine Talente, seine Leibeskräfte, selbst sein Leben verwendet er für seine Mitmenschen
. Mit Eifer und Geist lehret er auf der Kanzel die ächte Lehre des Evangeliums,
unermüttet ist er im Beichtstuhle, um Sünder zu entsündigen; er eilet den Kranken bey-
zuspringen, Betrübte zu trösten, Entzweyte zu vereinigen, Verlegenen zu rathen,
Unwissenden zu unterrichten: Er stärket das Schwache; er ergänzet das Mangelhafte; er
führet das Verirrte zurück; er pfanzet und reutet aus; er bauet auf und reißt nieder. Er
wird nicht müde bey seinen so vielen Arbeiten; er wird nicht überdrüssig, wenn er im
Weinberge des Herrn noch so schwere Last tragen muß. Bleiben ihm eine Splitter der
Zeit übrig, so verwendet er sie zum Lesen und Studieren, um Stoff des Unterrichtes zu
erhalten. Ist nun der Priester so beschaffen, so kann man ihn heilig nennen. Gleichwie
nun jener ein Teufel ist, der seiner erhabenen und hohen Priesterwürde gerade entgegen
arbeitet, der sein geheiligtes Amt nur blos als ein Brod Handwerk ansieht119.

119 Archiv der Pfarrei St. Jakobus Hechingen. „Pfarrei: Hechingen. Rubrik XVIII: Kirchl.
Anstalten. Betreff: Franziskanerkloster St. Luzen 1742-1812."

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