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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0360
Die Säkularisation des Klosters Habsthal

Materials wurde eine Schülerin beauftragt, die den Mädchen jeweils eine gewisse
Menge des Rohstoffs zur Verarbeitung aushändigte. Den Verkaufspreis ihrer Erzeugnisse
kalkulierten die Mädchen selbst aus dem Wert des verarbeiteten Materials, dem
Arbeitslohn und einem Aufschlag, der der Schule zugute kam. Uber die von ihnen
hergestellten Produkte und ihren Verdienst führten die Schülerinnen sorgfältig Buch.
Das praxisnahe Rechnen, das Mezler so eifrig propagierte, konnte hier mit einer kleinen
Dosis betriebswirtschaflicher Kostenrechnung anschaulich eingeübt werden.
Leider gibt die Chronik keine Auskünfte über die Höhe des Arbeitslohns oder den
Verdienst der Schülerinnen. Inwiefern Mezlers Anliegen, immer breiteren Bevölkerungsschichten
die Chance auf Erziehung und Bildung einzuräumen, bei diesem Verfahren
eine Rolle spielte und inwieweit er es als Experiment für sein pädagogisches
Konzept betrachtete, läßt sich nicht genau feststellen. Daß letzteres eine nicht unerhebliche
Rolle gespielt haben dürfte, zeigt der Fall der Magdalena Banwarth aus Sigmaringen
. Mit ihr hatte man ein aus weniger vermögenden Verhältnissen stammendes
Mädchen aufgenommen und sie an dem Experiment teilnehmen lassen. Ihre Eltern
konnten sich ein weiterführendes Schuljahr nicht leisten, weshalb Mezler die Kosten
für den weiteren Aufenthalt des Mädchens übernahm. Er wollte das Experiment
unbedingt fortsetzen, um herauszufinden, wieviel eine Schülerin auf diese Weise verdienen
konnte46.

Ob dieses Verfahren in der Praxis letztlich erfolgreich war und seinen Zweck
erfüllte, ist nicht bekannt. Um nähere Erkenntnisse zu gewinnen, wäre wohl ein
längerer Beobachtungszeitraum nötig gewesen als die drei Jahre des Bestehens der
Schule.

Der Tagesablauf der Schülerinnen war streng reglementiert. Die Mädchen verbrachten
den ganzen Tag in der Gemeinschaft mit ihren Mitschülerinnen. Die Einnahme
der Mahlzeiten, der Besuch des Gottesdienstes sowie der Unterricht erfolgten
stets in der Gruppe. Die unterrichtsfreie Zeit verbrachten die Mädchen mit Handarbeiten
in ihrem gemeinsamen Wohnzimmer oder mit anderen praktischen hauswirtschaftlichen
Tätigkeiten im Arbeitszimmer, wobei sie stets von der Schulleiterin
beaufsichtigt wurden. In Begleitung der Lehrerinnen wurden gelegentlich Spaziergänge
in den Gärten der Klosteranlage oder auch außerhalb des Klosters unternommen
. Kein Zögling durfte ohne ausdrückliche Erlaubnis das Haus verlassen, und bei
Arbeiten im Freien durfte sich kein Mädchen von der Gruppe entfernen. An Sonn-
und Feiertagen war „anständige Unterhaltung" erlaubt, womit das Lesen lehrreicher
Bücher gemeint war. Die allgegenwärtige Gemeinschaft und die ständige Beaufsichtigung
durch die Lehrerinnen ließen individuellen Interessen keinen Spielraum und
setzten persönlichen Bedürfnissen und Entfaltungs-möglichkeiten enge Grenzen.

Am 1. April 1807 wurde die Schule mit neun Pensionärinnen eröffnet. Drei
verließen Habsthal im Laufe des ersten Schuljahrs, weil ihre Familien ihre Hilfe im
Haushalt benötigten.

46 Ebd.

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