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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0370
Der Fürst und „seine" Hexe

von /. H. Kraus (als Nr. 84 und 89) erfasst worden6. Allerdings ist ihr enger Zusammenhang
bisher ebenso weitgehend verborgen geblieben wie die besondere Bedeutung
des Hauptprozesses gegen die Mutter für die Hexenforschung in Hohenzollern7.
Im Folgenden soll nun diese außergewöhnliche Geschichte dargestellt werden: die
Geschichte einer einfachen Weißgerberin und ihrer Familie, die Mitte des 17. Jahrhunderts
in der kleinen hohenzollerischen Residenzstadt Hechingen lebte und in
zwei Hexenprozesse verwickelt wurde, wobei die juristischen und politischen
Implikationen der ersten Anklage, die Fürst Eitel Friedrich II. persönlich betrieb,
schließlich sogar die beiden höchsten Gerichte des Alten Reiches beschäftigen sollten.

2. INQUISITION GEGEN DIE BEIDEN TÖCHTER DES HECHINGER
WEISSGERBERS ANDREAS HARTING UND SEINER EHEFRAU
ANNA MARIA GRÜN

Eigentlich hatte alles ganz harmlos begonnen an jenem Sonntag im Juni des Jahres
1663 .... Die elf- und acht Jahre alten Töchter des Hechinger Jägermeisters Melch
spielten im unteren Stock des väterlichen Hauses mit Anna Maria und Christine, den
etwas jüngeren Mädchen des Weißgerbers Andreas Harting (Hartting) und dessen
Ehefrau Anna Maria Grün (Grien). Unter der Aufsicht des 14-jährigen Schweizer
Kindermädchens Rosina Haushartin vertrieb man sich die Zeit, trieb mit Hölzlin
Narrenwerkh - vielleicht die bei Kindern seit jeher beliebten Reiterspiele. Als die
Hölzlein nicht ausreichten, kam die sechsjährige Gerbertochter Anna Maria auf die
Idee, bei des Egins Madie, das sich nach Rottweil verheiratet hatte, welche zu holen.
Auf die neugierige Nachfrage des Kindermädchens, ob dies denn sofort geschehen
könne, kam die prompte Antwort: Ja. Wann ich ein Kaz hette, so wollt ich gleich

6 Johann Adam Kraus: Opfer des Hexenwahns in Hohenzollern. In: Hohenzollerische
Heimat 17 (1967), S. 1-3, hier S. 2.

7 Für Kraus war bei Fall Nr. 84 - „Untersuchung gegen eine Frau zu Hechingen" - der Name
der Beschuldigten „nicht ersichtlich", weil sich die Identität dieser Frau (eine Weißgerberin
namens Anna Maria Grün) nur aus einer Gesamtbetrachtung mehrerer Quellen verschiedener
Teilbestände erschließt. Da Kraus diese Quellen offensichtlich nicht kannte, konnte er auch
keine eindeutige Verbindung zum späteren zweiten Fall Nr. 89, dem Prozess gegen zwei Kinder,
herstellen. Zudem hatte Kraus die von ihm eingesehenen Akten offensichtlich - wie zuvor auch
schon Gustav Hebeisen (Hexenprozesse aus Hohenzollern-Hechingen. In: HHbl 4, 1931,
4. Jg.) - nur kursorisch gesichtet bzw. nur flüchtig gelesen. Auch BUMILLER, der das Verfahren
gegen die beiden Mädchen später etwas ausführlicher bearbeitete (s. Anm. 2: Die Grafschaften
), sind vereinzelt Ungenauigkeiten unterlaufen (ebd. S. 266): Der Nachname des Ehemanns
der Weißgerberin lautet Harting (nicht Härtung) und er stammte nicht aus dem Schweizerland
, sondern aus Füssen. Aus dem Schweizerland kam die Hauptbelastungszeugin Rosina
Haushartin.

Weitere Gründe für das jahrzehntelange Schattendasein des ersten Hexenprozesses: Wichtiges
Textmaterial ist in mittel- bzw. neulateinischer Sprache verfasst, das sich einer schnellen kursorischen
Erfassung entzieht, und sein Verfasser - Fürst Eitel Friedrich II. von Hohenzollern -
gibt in der Regel weder sich noch sein Opfer namentlich explizit zu erkennen.

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