Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0380
Der Fürst und „seine" Hexe

rechtfertigen, um damit „die Wirksamkeit des Mandatsbefehls zu erschüttern."
In besonderen Fällen erließ das Reichskammergericht jedoch auch Mandate sine
clausula. Drohte dem Antragsteller ein nicht wieder gut zu machender Schaden, weil
man gegen ihn „straffwürdig [...] unrechtmessig" oder „wider den gemeynen Nutz"
vorgegangen war, so erging dieses Mandat „ohne vorherige Anhörung des Gegners"
- es sei denn, das Untergericht konnte nachweisen, dass der Mandatsbefehl durch arglistige
Täuschung erschlichen worden wäre38.

Im Falle der Weißgerberin Anna Maria Grün hatte Speyer nun also ein solches
mandatum de relaxanda captiva sine clausula erlassen. Das zuständige Hechinger
Gericht bzw. der Fürst als oberster Gerichtsherr war damit vom RKG aufgefordert
worden, die der Hexerei beschuldigte Frau unverzüglich aus dem Gefängnis zu entlassen
!

Vor diesem Hintergrund stellen sich für den Prozess gegen die Hechinger Weißgerberin
folgende Fragen:

Wer war diese Anna Maria Grün, und warum war sie in den Verdacht geraten, eine
Hexe zu sein?

Weshalb wurde sie 38 Wochen lang in Haft gehalten, ohne dass man ihr in Hechingen
den Prozess machte?

Wie war es der Ehefrau eines einfachen Handwerkers möglich gewesen, Zugang
zum Reichskammergericht in Speyer zu finden?

Welche Gründe waren im Einzelnen ausschlaggebend dafür, dass sie ein Mandat
zur sofortigen Freilassung erwirken konnte?

Wie reagierte der regierende Fürst in Hohenzollern-Hechingen, Eitel Friedrich IL,
auf die Anordnung durch das höchste deutsche Gericht?

Welche Rolle spielten während seiner Regierungszeit überhaupt die Hexenprozesse
?

5. HEXENPROZESSE UNTER FÜRST EITEL FRIEDRICH II.
VON HOHENZOLLERN-HECHINGEN

Unstrittig ist in der Hexenforschung, dass Anzeigen gegen vermeintliche Hexen meistens
nicht von Seiten der Juristen, Theologen oder der Obrigkeit in Gang gesetzt
wurden, sondern aus der Mitte der Bevölkerung hervorgingen: Mitbürger, die einen
Sündenbock für erlittenes Unheil suchten; Nachbarn, die eine alte Rechung zu
begleichen hatten; mitunter gar der eigene Ehepartner oder die eigenen Kinder, die
innerfamiliäre Konflikte auf diese Weise austrugen; nicht zuletzt die Opfer selbst,
denen unter der Folter Besagungen von Komplizinnen abgepresst wurden, oder
einfach nur „des Volkes Stimme", die vielfältige Ängste und leichtfertig geäußerte
Verdächtigungen nach und nach auf eine Person des öffentlichen Ärgernisses fokus-
sierte. Bekannt, weil des Öfteren zitiert, ist jene Eingabe einer Grosselfinger Gemeinde
-Abordnung aus dem Jahr 1627, in der Fürst Eitel Friedrich II. untertänigst gebeten

38 Oestmann (wie Anm. 35), S. 73.

365


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0380