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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0385
Dietrich Bulach

Zusammenhang durchaus angebracht, die bekannte Sentenz „Wo kein Kläger, da ist
auch kein Richter" einmal umzudrehen: Wo kein Richter, da ist auch kein Kläger53!
Kaum aber war Eitel Friedrich wieder für längere Zeit im Land, entluden sich die
angestauten Verdächtigungen, Verleumdungen, Klagen in neuerlichen Anzeigungen,
für die der Fürst stets eine offenes Ohr hatte, was die zahlreichen Hexenprozesse
während seiner Anwesenheit in Hechingen beweisen54. Gleichzeitig war es für den in
seiner Grafschaft mehr ab- als anwesenden Regenten eine passende Gelegenheit,
seinen Untertanen gegenüber unmissverständlich und augenfällig den eigenen absolutistischen
Macht- und Regierungsanspruch zu demonstrieren, indem er die
Scheiterhaufen wieder brennen ließ.

Nach seiner Rückkehr aus den Niederlanden, wo sich Eitel Friedrich die letzten
beiden Jahre aufgehalten hatte, traf es 1642 als erstes Opfer Catbarina Reiher, gebürtig
aus Stein, genannt Sau-Kätherle, Witwe des Hechinger Hoftorwarts Caspar
Drescher (Trescher), der wenige Jahre zuvor einem Gewaltverbrechen zum Opfer
gefallen war. Innerhalb von zehn Monaten folgte nun ein Hexenprozess auf den anderen
, insgesamt fünf an der Zahl. Diese Verfolgungswelle brach erst dann in sich
zusammen, als Fürst Eitel Friedrich im Juli 1643 wieder zu seiner Gemahlin in die
Niederlande aufbrach55.

Eines dieser fünf Gerichtsverfahren verdient besondere Beachtung, denn es gehört,
wie schon Dr. Heheisen bei der Veröffentlichung der Untersuchungsakten urteilte, zu
den interessantesten Hexenprozessen in der hohenzollerischen Geschichte56. Sollte
Eitel Friedrich bei der Einleitung eines Inquisitionsverfahrens bisher tatsächlich nur
den gesetzlichen Auflagen der Carolina57 Genüge getan haben und bei seinen exeku-

53 Dieser kausale Zusammenhang zeigt sich auch in anderen Herrrschaftsgebieten. Rita Volt-
mer/Franz Irsigler: Die europäische Hexenverfolgungen der Frühen Neuzeit - Vorurteile,
Faktoren und Bilanzen. In: Hexenwahn. Ängste der Neuzeit. Begleitband zur gleichnamigen
Ausstellung des Deutschen Historischen Museums Berlin, 3. Mai bis 6. August 2002, Hg. von
Rosmarie Beier-De Haan, Rita Voltmer und Franz Irsigler, Berlin 2002, S. 38: „Nur wenn
die Obrigkeit bereit war, ihren gesamten Justizapparat in den Dienst der Verfolgungen zu
stellen, konnten Serien von Hexenprozessen geführt werden [...]. Dort wo Obrigkeiten die
Verfolgungswünsche der Bevölkerung konsequent unterdrückt und kontrolliert haben, wie
zum Beispiel in der Kurpfalz, fanden auch keine Hexenprozesse statt."

54 Damit wäre die Aussage Bumillers (wie Anm. 2: Die Grafschaften, S. 267: „doch scheint
es unter den Grafen und Fürsten des Hauses Hohenzollern und ihren Richtern und Amtleuten
keine fanatischen Hexenverfolger gegeben zu haben") zumindest, was die Regentschaft
Eitel Friedrich II. betrifft, zu relativieren; wohingegen seine später geäußerte Vermutung, dass
in Hohenzollern-Sigmaringen „möglicherweise die beinahe andauernde Abwesenheit der
Fürsten Johann und Mainrad I. [...] für das geringe Ausmaß der Hexenverfolgung verantwortlich
" sein könnte, vor diesem Hintergrund eine Uberprüfung wert wäre.

55 StAS; Dep. 39 (FAS), HH1, Rub 53, A 781: Fürst Eitel Friedrich an Kaiser Ferdinand III.
(Kopie), dat. [eruiert] Dezember 1655 - 24.3.1656.

56 Hebeisen (wie Anm. 7).

57 Carolina: Constitutio Criminalis Carolina, abgek. C.C.C., auch „Peinliche Gerichtsordnung
" genannt; das erste allgemeine deutsche Strafgesetzbuch, das auf dem Reichstag zu
Regensburg 1532 unter Karl V zum Reichsgesetz erhoben wurde.

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