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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0394
Der Fürst und „seine" Hexe

machen, während andererseits die Schusterfamilie Grün wegen ihres abweichenden
Bekenntnisses sofort in die Nähe zu Aberglauben, Ketzerei und Sektiererei gerückt
wurde95. Sie gehörten damit wohl zu jenen Andersgläubige(n) am Ort, die im Visitationsbericht
des Kapitels Hechingen aus dem Jahr 1651 ausdrückliche Erwähnung
finden96.

Das, was den Fall Anna Maria Grün von allen anderen hohenzollerischen Hexenprozessen
grundlegend unterscheidet, ist allerdings nicht das soeben skizzierte
Opferprofil, sondern - wie zu Beginn bereits angedeutet - der ungewöhnliche Verlauf
ihres Prozesses. Dieser ungewöhnliche Verlauf hing vor allem mit dem regierenden
Fürsten Eitel Friedrich II. zusammen. Was das Interesse so mancher Geschichtsforscher
an seiner Person bisher gebremst haben dürfte - seine häufige, oft langjährige
Abwesenheit von Hohenzollern - führte andererseits zu einem regen privaten,
geschäftlichen und politischen Briefwechsel, so dass wir heute in der glücklichen
Lage sind, hinsichtlich dieses Herrschers über eine außerordentlich gute Quellenlage
zu verfügen. Die ausladende Korrespondenz Eitel Friedrichs mit seinen Freunden
und Gegnern sowie einige von ihm schriftlich festgehaltene Gedankenprotokolle
gewähren dabei nicht nur aufschlussreiche Einblicke in sein politisches Denken, sondern
lassen auch Rückschlüsse auf sein psychologisches Profil als Hexenverfolger zu
- insbesondere was den Prozess gegen die Weißgerberin Anna Maria Grün angeht.
Denn hier kam dem hohenzollerischen Monarchen die Rolle des Gegenspielers nicht
nur de jure, sondern auch in persona zu. Die Weißgerberin war nicht eine von vielen
„Hexen", mit denen es Eitel Friedrich im Laufe seiner Regentschaft zu tun gehabt
hatte: Es war „seine" Hexe.

Dazu beigetragen hat unter anderem auch der Umstand, dass dieser Prozess eine
ungewöhnlich politische Dimension annahm. Unfreiwillig und unwissentlich wurde
die junge Weißgerberin nämlich in einen Familienkonflikt innerhalb des Fürstenhauses
hineingezogen, dessen Auswirkungen den größten Teil der Regierungszeit
Eitel Friedrichs II. innen- wie auch außenpolitisch bestimmten und mit dem Reichshofrat
in Wien eines der höchsten Reichsgerichte über Jahrzehnte hinweg beschäftigen
sollten.

95 Johann Gerhard, am 27.12.1599 in Stuttgart als Sohn des württembergischen Leibarztes
Conrad Gerhard und dessen Tübinger Ehefrau Anna Speiser geboren, heiratete 1638 ebenfalls
eine Tübingerin {Agathe Christine Rauscher) und war von 1626 bis zu seinem Todesjahr
1657 Professor der Medizin in Tübingen. Nachrichtlich (E-mail) von Günther Helmut Todt,
Berlin.

96 Johann Adam Kraus: Aus den Visitationsakten des Kapitels Hechingen 1651-1709. In:
Hohenzollerische Jahrershefte 1963, S. 163.

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