Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0415
Dietrich Bulach

oder sonst übel intentioniert sein mochten. Durch deren geplantes Vorgehen würden
sie vor allem auch die liebe Justicia gegen den vornembsten [bedeutendsten]
Malificanten, die Gott und die Welt am maisten belaidigen, [Jverhindern undt [...]
undertruckhen, wo doch durch dergleüchen undt andere zauberische incitationes
[Erregungen]/.../ klar erschinen und wol zuerweisen sei, dass es in deren Vermögen
liege, diese familiam in mehrere Nachtheil wo sie köndten, und die Brüeder inn
mehrere Uneinigkhait zuebringen199. Mit dieser Argumentation stilisiert Eitel
Friedrich sein Vorgehen gegen die der Zauberei verdächtigen Malefikanten nun zum
ehren- und verdienstvollen Kampf um die Einheit der fürstlichen Familie und brandmarkt
das Vorgehen der kaiserlichen Kommission gegen ihn als gefährliche Einmischung
, die dem Bösen zuarbeite und seiner Justiz in den Arm falle.

Wen Eitel Friedrich mit den vornembsten Malificanten konkret im Visier hatte,
zeigt sich bereits in den Dezembertagen des Jahres 1652. Anna Maria Grün, die
Tochter des Schusters Balthas Grün und Ehefrau des Weißgerbers Andreas Harting,
sei durch starckhe Anzeigung über die maßen suspect und auch sonsten nit ohne
suspicion200. Letztere Bemerkung zielt auf ihr Elternhaus, denn Vater Grün war, wie
bereits dargelegt, bei der katholischen Obrigkeit als Häretiker verdächtig, seit man in
seinem Haus lutherische Bücher gefunden hatte. Der erste Hinweis auf solcherlei
Umtriebe war offensichtlich von der Geistlichkeit gekommen. Diese hätten die
Schusterfamilie gewarnt, aber nichts damit erreicht. Eines Tages habe Pfarrer Engelhart
den Schuster über seine Bücher sitzend angetroffen, ihm dieselben sofort
abgenommen, sie in die Kirche geschafft und dort alles, was nit tauglich gewesen,
aussortiert201. Sowohl Vater wie Tochter seien Jahr und Tag in kein Kirchen kommen.
Stattdessen hätten nicht nur junge ledige Burschen, sondern auch ehrbare Eheleute
die Abhaltung viler nächtlicher verdächtiger Versamblung im Hause des Schusters
beobachtet: man tanze und springe, wobei die Tochter auff dem Instrument pflege zu
spihlen, der Vatter aber auff der Cither.

Lesen, Tanzen und Musizieren als subversive Tätigkeiten! Eitel Friedrich lässt deshalb
das Haus des Schusters ein zweites Mal durchsuchen, und erneut werden seine
Ordnungshüter fündig. Es zeigt sich, dass Balthas Grün die ihm vormals verordneten
Auflagen nicht eingehalten hat. Der Schuster war nicht bei seinen Leisten geblieben,
hatte sein ohnehin ärmliches Geschäft vernachlässigt und die Zeit, so der Vorwurf,
weiterhin mit Müssiggang202, also mit Lesen verbracht. Der Handwerker hatte seine
Profession auch nicht einfach nur im Stillen gepflegt und nur für sich vom Wort allein
gelebt, sondern offensichtlich das reformatorisches Gedankengut durch Zusammen-

199 Wie Anm. 194, fol. lrf.

200 StAS, Dep. 39 (FAS), DH1, Rub 167, Verbrechen überhaupt, Nr. 7: Hexenprozesse aus
verschiedenen Orten der Grafschaft Hohenzollern-Hechingen von 1576-1654. Hier: Harting
betr., dat. (eruiert) 1.2.1655.

201 StAS, Hol, T 7, Nr. 933, fol. 113ff vom 18.2.1655 und fol. 117ff vom 20.2.1655. Süffisanterweise
wurde im Visitationsbericht des Kapitels Hechingen auch gegen den Hechinger
Pfarrer Sebastian Engelhart Klage geführt, er benutze „angeblich zu Leichenpredigten und
anderen Funktionen häretische Bücher" (wie Anm. 96, S. 161).

202 Wie Anm. 93.

400


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0415