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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0422
Der Fürst und „seine" Hexe

und das auch andere Fürsten, Grafen und Herren praktizierten236: Man kaufe eine
große Menge Wein, z.B. in Markdorf, unweit vom Bodensee, wo der beste Wein dz
Fuoder für 20 Reichstaler angeboten werde, besorge sich für die Transitwege Zollfreibriefe
und transportiere die Ware dann in die Niederlande, wo für den Fuder über
100 Reichstaler gezahlt würden, weilen die Gelegenheit von diese Niderlanden wol
bekent sind.

Velber spielt damit auf die eindrucksvollen Möglichkeiten des niederländischen
Export - Import - Großhandels an. Die Holländer galten im 17. Jahrhundert als Meister
des Monopolismus, und beherrschten nicht nur den Nordsee-, sondern auch den
Ostseeraum237. In riesigen, fünf- bis sechsstöckigen Lagerhäusern wurden nicht nur
gewaltige Mengen Weizen gelagert, sondern u.a. auch das „grundlegende^ europäischer
] Konsumgut" Wein, so dass man über diese Art der Vorratshaltung den Preis
der Waren auf dem Markt diktieren konnte238. Ahnliches galt für den Fernhandel,
wobei man hier schon „dank des räumlichen Abstands zwischen Anbietern und
Nachfragern die 'terms of trade' [...] bestimmen" konnte. „Monopole", so Braudel
in seinem Buch „Der Handel - Sozialgeschichte des 15.-18. Jahrhunderts", „setzen
Stärke, Gerissenheit und Intelligenz voraus, sie zu erringen erfordert eine Kunst, die
die Holländer im 17. Jahrhundert meisterlich beherrschen239."

Auch wenn Kaufmann Velber aus Roermond vermutlich nicht zu den großen
holländischen Handelsmonopolisten gezählt haben dürfte, so blitzen die von Braudel
genannten Attribute durchaus auch in seiner Verhandlungsführung gegenüber dem
hoch verschuldeten Zollerfürsten auf. Um dem bekanntermaßen frommen Eitel
Friedrich eventuelle moralische Bedenken gegenüber dieser Art von Geschäften zu
nehmen, betont Velber pathetisch, dass schon ihre Bekanntschaft im vergangenen
Sommer ohne Zweifel ein Akt göttlicher Vorsehung (providenti gottes) gewesen sei,
ein Mittel und Instrument, wardurch J.f.G. aus ihrer Noth solten [...] geholfen
werden. Und im Übrigen: dergleuchen [Geschäfte] thuen die Patres Jesuiten zu
Antorf, welche mit Millione auf dem Meer handien durch andere Leuth. Sollte der
Fürst diese Transaktion dennoch nicht in eigenem Namen durchführen wollen, so
könne die Abwicklung des Geschäfts auch auf andere Manier erfolgen: entweder über
die fürstliche Gemahlin oder über ihn, Velber. Er benötige dazu nur ein entsprechendes
fürstliches Empfehlungsschreiben. Sollte die Sache jedoch wegen Mangelan Gelt
gefährdet sein, (dan wan man zimberen will, so muos man Holz haben), so bemühe
er sich eintausent Reichstaller oder 2 zu besorgen, um das Geschäft fürs Erste in die
Wege zu leiten240.

236 Ebd.

237 Fernand Braudel: Der Handel, Sozialgeschichte des 15.-18.Jahrhunderts, München
1986, S. 455ff.

238 Ebd. S. 187.

239 Ebd. S. 458.

240 Wie Anm. 235.

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