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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0425
Dietrich Bulach

Wullin, Witwe des Junginger Küfers Hans Winter. Als sie nach kurzem Prozessverlauf
bekennt, in Jungingen und Ringingen mit Schadenzauber Unheil unter Mensch
und Tier angerichtet zu haben, wird sie im November 1653 hingerichtet249. Es war der
erste Hexenprozess in Hechingen seit drei Jahren. Da nun aber die Anzeigen gegen
Anna Maria Grün inzwischen keines wegs purgirt [vom Vorwurf gereinigt] waren,
sondern vilmehr vermehret worden, entschließt sich der Fürst vier Wochen nach dem
Tod Maria Wullins die Weißgerberin nun doch noch als Hauptverdächtige festnehmen
zu lassen. Es seien genuegsam heweißliche Ahnzeigungen [vorhanden], dass sie
ein zauberisches Maleficium verüeht habe250. Aus denselben Gründen wie ein Jahr
zuvor weigert sich der oberste Richter der Grafschaft Hohenzollern-Hechingen auch
dieses Mal bei der Festnahme, dem Ehemann der Verhafteten Auskunft über die
Gründe der Verhaftung zu erteilen.

Die nach dem Kommissionsbeschluss vom 22. September 1653 wieder neu aufgenommene
Tätigkeit der kaiserlichen Subdelegierten setzt Eitel Friedrich unter
Zeitdruck. Ihm bleibt Ende des Jahres 1653 nicht mehr allzu viel Zeit, sich um die
Lösung seiner Schwierigkeiten zu kümmern. Deshalb beschließt der Fürst, sich nun
seiner persönlichen Gefangenen mit besonderer Intensität anzunehmen. Er will sie
zur Herausgabe des Zaubermittels bewegen oder ihr zumindest Genaueres über
dessen Gestalt entlocken. Um sie zum Reden zu bringen, greift er jedoch aus Sorge
um das eigene Wohlbefinden zunächst nicht zum üblichen Mittel der Folter, sondern
bittet seinen geistlichen Beistand, den Franziskanerpater Joseph um Hilfe. Im Auftrag
des Fürsten macht dieser der Weißgerberein folgende Vertröstung [Zusage]: Sollte sie
das auf den Fürsten zielende Malefizium beschaffen und versprechen, zukünftig in
aller Gebür gegen Gott und der Obrigkheit zu leben251, so würde sie alßdann [...]
detenta [der Haft] ledig gelassen252, und man würde dafür sorgen, dass das Ganze nit
under die Leutth [...] khomme[]251.

Was nun geschieht, lässt sich nicht mehr eindeutig klären, da die Aussagen der
Beteiligten in einem wesentlichen Punkt auseinander gehen. Nach Angaben Eitel
Friedrichs hatte die Weißgerberin auf das ihr gemachte Angebot ohne einigen Zwang

249 Wie Anm. 200 (6.11.1653) und: StAS, Ho 1, T 8, Audienzprotokoll Bd. 99, 3.12.1653, fol.
29. Olivia Hochstrasser (wie Anm. 1) hat die Vorgeschichte und sozialen Hintergründe dieses
Hexenprozesses eindrucksvoll aufgearbeitet. Der Fall Maria Wullin dokumentiert darüber
hinaus auch den bereits erwähnten Zusammenhang von obrigkeitlichem Verfolgungswillen
und sozialen Konflikten innerhalb der Stadt- bzw. Dorfgemeinschaft. Wie zwei Zahnräder
greifen hier die Interessen der Herrschaft und die Interessen einer einflussreichen Gruppe der
Junginger Oberschicht ineinander und setzen schließlich die Prozessmaschinerie in Gang.

250 Wie Anm. 200. Bestärkt wurde Eitel Friedrichs Verdacht gegen die Weißgerberin durch
eine Art Gottesurteil: [N]ach starkh und vilfältig gebrauchtem Geben und zulässig gaistl.
Mitteln, auch [...] aus sonderbarem Willen Gottes, seien die Anzeigungen genau Jahr und Tag
nach Beginn der vom Zauber verursachten Beschwerden auf Andreas Hartings Hausfrau
gefallen, was von undriglichen wohlerfahrenen gelehrten Gaistlichen für erheblich genueg
gehalten worden sei (StAS, Ho 1, T 7, Nr. 933, fol. 117f).

251 StAS, Dep. 39 (FAS) DH1, Rub 167, Nr. 7, 25.8.1654.

252 Wie Anm. 200.

253 Wie Anm. 251.

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