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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0433
Dietrich Bulach

schaftlichen Handlungsspielraum wieder spürbar eingeengt. Dieses permanente Auf
und Ab in der körperlichen und seelischen Befindlichkeit des Fürsten hinterließ bei
denjenigen, die mit ihm zu tun hatten, den Eindruck, einen komplizierten Menschen
mit wankelmütigem, unberechenbarem Charakter vor sich zu haben, der nicht nur
seinen Gegnern, sondern letztlich vor allem sich selbst bei der Lösung der Problem
im Wege stand. Letzteres zeigt sich unter anderem darin, dass Eitel Friedrich, wie
Selbstzeugnisse und Briefe offenbaren, auf Konflikte nicht mit Selbstkritik, sondern
mit Schuldzuweisungen zu reagieren pflegte, wobei seiner Haltung immer die Überzeugung
zugrunde lag, dass übernatürliche, dämonische Kräfte die ganzen Probleme
verursachten.

Es seien, so gibt er in einem späteren Rechtfertigungsschreiben an, zu dieser Zeit
wiederum gar starckhe Anzeigungen gegen die der Zauberei verdächtige Weißger-
berin Anna Maria Grün auf seiner herrschaftlichen Kanzlei eingegangen. Dass die
zuletzt von ihm verspürte kurzfristige gesundheitliche Besserung keinen Bestand
gehabt habe, sei vermutlichen einem new von ihr gemachten Maleficio insonderheit
zuzumessen27*. Erneut wird also die Schuld an der politischen, wirtschaftlichen und
gesundheitlichen Misere auf jene Frau projiziert, die dem Zollerfürsten wie keine
andere Person in der Stadt Hechingen als Personifikation des Bösen erscheint und
deshalb zum Fixpunkt seiner Ängste und Bedrohungsgefühle wird. In einem undatierten
Memoriale, das aber aufgrund inhaltlicher Bezüge zu anderen Quellen in
die Zeit zwischen Frühjahr und Sommer 1654 eingeordnet werden kann, reflektiert
der Fürst seine aktuelle Situation und spielt verschiedene Handlungsvarianten durch.
In insgesamt 20 kleinen, in lateinischer Sprache verfassten (und hier übersetzten)
Artikeln räsoniert er darüber, wie sich der böse Zauber der Weißgerberin zeige und
wie ihm am besten zu begegnen sei279: Ob das Malefizium auch aus der Ferne wirken
könne und wenn ja, wie stark und auf welche Weise? Ob die Zauberin notwendigerweise
in ihrer Wohnung festgehalten werden müsse oder ob der zauberische Effekt
erst dann aufhöre, wenn man sie von diesem Ort entferne? Müsse man vielleicht
umgekehrt den Verzauberten vom Ort des Zaubermittels wegbringen, um den
Schadenseffekt aufzuheben? Könnte es der verbrecherischen Person möglich sein,
den Effekt an einem anderen Ort wieder zu aktivieren - mit derselben Materie oder
auf andere Weise? Könnte der zauberische Effekt nach einer gewissen Zeit auch von
alleine aufhören oder werde er erst durch die Gefangennahme oder gar den Tod der
Zauberin beendet? Wäre die Hexe vielleicht auch in der Lage, über dritte Personen ein
vorhandenes Zaubermittel zu lenken oder mit neuer Kraft aufzuladen? Könnte dann
über eine solche dritte Person das Übel auch eventuell wieder aufgehoben werden?

Dieser kleine Auszug aus dem umfangreichen Fragenkatalog belegt eindrucksvoll,
dass von der Selbstsicherheit und Entschlossenheit, mit der der Hexenverfolger Eitel
Friedrich in den vergangenen Jahren die Hechinger Malifizprozesse im Schnellverfahren
durchführte und vermeintliche Malefikanten beseitigte, im Falle Anna Maria

278 Wie Anm. 200.

279 StAS Dep. 39 (FAS), DH1, Rub 167, Nr. 7, undatiert (eruiert zwischen Januar 1654 und
August 1654).

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