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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0434
Der Fürst und „seine" Hexe

Grün nichts mehr übrig war. Der eigene Leidensdruck und die pathologische Überschätzung
der zauberischen Fähigkeiten, die Eitel Friedrich der Weißgerberin und
ihren vermuteten Komplizen zuschrieb, bestimmten und beschränkten die Handlungsoptionen
des Fürsten. Eitel Friedrich war längst nicht mehr der nur agierende
Hexenjäger, er war nun selbst zum Hexenopfer geworden und wirkte stark verunsichert
.

Als erste praktische Konsequenz seiner vielfältigen Überlegungen leitet Eitel
Friedrich zunächst einmal die Suche nach besagtem zweiten Malefizium ein, indem er
die Keller seiner fürstlichen Residenz, der Friedrichsburg, inspizieren lässt. Erneut
beauftragt er seinen Vertrauten, den Spitalmeister Hans Schuppart, in den Gewölbern
und Kellern nachzuesuchen, ob nit ainiges verborgenes Gewölb zuefünden sein
möchte. Gemeinsam mit dem Soldaten Hans Hennenmann graben die beiden den
Boden der verschiedenen Kellergewölbe um, ohne zunächst etwas zu finden. Doch
als der Soldat mit seinem Degen im Untergrund „herumstochert", stößt er plötzlich
auf etwas Hartes, ob wehre etwas von Holtz. Als sie versuchen das Stück herauszuholen
, sinkt es desto weiter hinab, je tiefer sie graben. Die beiden geben schließlich
auf und benachrichtigen den Fürsten, der ihnen aufträgt, um 11 Uhr nachts weiter zu
graben. Die Stunde vor Mitternacht, bevor die Hexen sich in ihrer wahren Gestalt zeigen
und ihr böses Spiel treiben, scheint Eitel Friedrich am Erfolg versprechendsten
zu sein. Doch auch dieser zweite Versuch schlägt fehl. Als den Beiden beim erneuten
Graben plötzlich das Laternenlicht ausgeht und sie hilflos der Dunkelheit ausgeliefert
sind, flüchten sie mit grossem Schrecken nach oben, um atemlos ihrem Auftraggeber
zu berichten. Ausgestattet mit einer geweüchten Kerzen, die das Dämonische der
Nacht bannen soll, werden sie erneut in den Keller geschickt, um dort ein Agnus
De/280 in die Gruoben biß morgens zuelegen. Dem geweihten wächsernen Amulett
wird nämlich eine besonders segensreiche Wirkung nachgesagt: Es verfügt nach
kirchlicher Auffassung über „eine apotropäische [Unheil abwehrende] Kraft gegen

280 Vgl. Bächtold-Stäubli (wie Anm. 75), Bd.l, S. 215ff.: „Allgemein das Lamm Gottes als
Symbol Christi, im Besonderen aber seine Ausformung in kirchlich geweihtem Wachs als
Amulett." Seit Beginn des 15. Jahrhunderts, so Bächtold-Stäubli, wird die Weihe und Verteilung
der Agnus Dei „nicht mehr von den geistlichen Beamten der Kurie vorgenommen,
sondern von den Päpsten selbst [...]. Dadurch steigert sich das Ansehen der A.D. erheblich,
und die Nachfrage wächst ins Ungeheure. Mancherlei Mißstände, vor allem die Tatsache, daß
die A.D. zum Handelsobjekt werden, veranlasste die Päpste wiederholt zur Herausgabe
regelnder und einschränkender Verfügungen. Unter ihnen findet sich auch ein Erlaß Sixtus' IV
von 1417, der Anfertigung, Weihe und Vertrieb [...] dem Papste und den von ihm Beauftragten
vorbehält und allen andern Personen streng untersagt. Trotzdem werden auch weiterhin außerhalb
Roms A.D. angefertigt, so z.B. in Einsiedeln mit Genehmigung des Stiftes, noch um die
Mitte des 17. Jhs. Doch haben diese mit den römischen nur den Namen und die medaillenartige
Form gemeinsam; es ist ihnen nicht das Lamm Gottes eingeprägt, sondern ein Kruzifix, das
Herz Jesu, ein Bild der Maria oder ähnliches."

Vielleicht ist hier ein solches „Agnus Dei" gemeint, denn das hohenzollerische Fürstenhaus
pflegte traditionell sehr gute Beziehungen zum Kloster Einsiedeln (vgl. EGLER, wie Anm. 47,
S. 88 und 93). 1646 soll von dort beispielsweise auch ein Teil vom Gewände des hl. Meinrad
nach Hechingen gelangt sein (Egler, wie Anm. 82), S. 136.

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