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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0440
Der Fürst und „seine" Hexe

seines früheren Oberamtmanns in Regierungsgeschäften - und bei Hexenprozessen -
verzichten, so dass dieser als eine Art juristischer Berater offensichtlich weiterhin in
der fürstlichen Residenz ein- und ausgehen konnte. So waren beide aufeinander angewiesen
. Der sich lang dahin ziehende Prozess gegen die Weißgerberin hatte den Fürst
sicherlich psychisch wie physisch stark belastet. Auch bei der ersten Befragung der
verdächtigen Frau ein Jahr zuvor hatte sich Eitel Friedrich ja eines Helfers bedient:
des Franziskanerpaters Joseph. Geht man davon aus, dass der Monarch den persönlichen
Kontakt mit seiner Intimfeindin aus Angst vor noch größerem Schaden zu
vermeiden suchte, so liegt eine Führungsrolle Schweglers spätestens beim zweiten
Verhör und der angewandten Folter nahe. Andererseits konnte Schwegler sich durch
seine Dienstfertigkeit des juristischen Schutzes seines Landesherrn versichern und
vielleicht sogar auf eine erneute Stärkung seines politischen Einflusses erhoffen, den
er als erster Beamter der zollerischen Regierung über acht Jahre hinweg in Hechingen
gehabt hatte. Dies würde auch erklären, dass auffälligerweise Schweglers Frau bei den
Untersuchungen gegen die Weißgerberin häufig zu dem kleinen Personenkreis gehörte
, der vom Fürst mit vertrauensvollen Aufgaben bedacht wurde. Die besondere
Rolle des Ehepaars Schwegler war nicht nur dem Registrators Georg Baltbasar
Grävenstein aufgefallen, der angab, Schwegler und sein Hausfrau [seien] underschid-
lichmahl, durch den Kirchgang von der Stattmaur haimblich zue Ihr fürstl. Gn.
khummenm. Der frühere Oberamtmann, so Anna Maria Grün, sei es auch gewesen,
der sie während ihrer zweiten Gefangenschaft von Anfang an examiniert und Aufklärung
darüber verlangt habe, woher Pr. Joseph mit der wächsinen Kugl khummen.
Auf ihre Antwort, sie wisse hiervon nichts, sei sie dann gefoltert worden302. Da half
ihr dann auch nicht mehr die Behauptung, sie sei schwanger. Nach „gemeinrechtlichen
Grundsätzen" war es zwar „strengstens verboten", Schwangere zu foltern; da
aber Frauen teilweise auch „Schwangerschaften nur vorgetäuscht [...] haben, um
einer Folterung zu entgehen"303, rief man, wie auch in diesem Fall, nach der Hebamme304
, um die Inquisitin untersuchen zu lassen. Als diese aber befindet, es bestehe
dißfahls kein Gefahr, wird Anna Maria Grün zweimal der Tortur unterzogen305.

Doch die Weißgerberin widersteht den Schmerzen und sagt nicht aus. Daraufhin
schickt Eitel Friedrich den Spitalmeister Hans Schuppart in das Haus ihres Vaters, um
ihre Wohnung inspizieren zu lassen. Da darin angeblich schon früher underschidliche
Persohnen [...] krankh, und unsinnig geworden seien, solle er nachsehen, ob das
Haus inwendig zerrissen, und pauloß sein möchte, auch wie solchem Hauß zuhelffen
wehrei06. Die Aufgabenbeschreibung Eitel Friedrichs legt nahe, dass er in dem Haus

301 Ebd., fol. 130r. Lt. Egler (wie Anm. 47), S. 65, war die Stadtmauer zwischen Schloss und
Stiftskirche mit einem überdachten Gang versehen, durch den man „trockenen Fußes" vom
einen zum anderen Gebäude gelangen konnte.

302 Wie Anm. 298, fol. 134f.

303 Oestmann (wie Anm. 35), S. 255f.

304 Hebamme war in diesem Jahr Otilia Kipft (wie Anm. 90, 22. L1654, fol. 224r).

305 Wie Anm. 200.

306 Wie Anm. 298, fol. 131rf.

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