Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0448
Der Fürst und „seine" Hexe

heitsgetreu (meapropria haec manu, sincere rotunde, fundamentaliter, et veracissime)
bekenne er, dass er in der Hl. Nacht des Jahres 1653 nach vorgenommenem Exorzismus
in einem Winkel des Weinkellers der fürstlichen Residenz rechts der Treppe (ex
cella vinaria, ex angulo gradus dextro) besagte wächserne Kugel gefunden habe. Sie
sei, so beteuert er, weder von ihm selbst hergestellt noch dorthin gelegt oder von
einem anderen Ort herüber genommen worden. Sie habe sich an besagtem Ort wirklich
und wahrhaftig (realissime et veracissime) befunden. Die Kugel sei dort zum
Zwecke der Zauberei oder um einen Zauber vorzutäuschen abgelegt worden (sive pro
maleficio, vel pro simplici cum fraude posita habeatur materia), und da er sie auf den
ersten Blick für eine Zauberkugel halten musste (globulus ille pro maleficio), habe er
sie dem Fürsten übergeben. Dies bezeuge er bei Gott im Himmel, seinem eingeborenen
Sohn und dem Hl. Geist, dem Tröster (cum Deopro caelesti, unigento eiusfileo,
Spiritus sctu. paraclitofn. Die Weißgerberin erwähnt der Franziskanerpater jedoch
mit keinem Wort!

De facto bedeutete diese eidesstattliche Erklärung des Paters eine Entlastung der
Weißgerberin vom erhobenen Vorwurf, mit der im Schloss gefundenen Wachskugel
in Verbindung zu stehen. Eitel Friedrich hingegen legt die Aussage des Franziskanerpaters
auch Monate später noch als Beleg für deren Tatbeteiligung aus. Allerdings hatte
der Fund des angemalten Kirchturms, des vermeintlich zweiten Malefiziums der
Weißgerberin, die gesamte Situation zuvor schon dahingehend entspannt, dass nach
dessen Entfernung (post amotione talis) - so Eitel Friedrich Anfang Februar 1655 -
der böse malefizische Affect gänzlich durch göttliche Gnad u. seither nunmehr über
die 4 Monath augenblicklich nachgelassen [habe] u. Gott Lob nit mehr verspühret
werde. Damit schienen sich die sorgfältigen Überlegungen und getroffenen Entscheidungen
Eitel Friedrichs bzgl. des rechten Umgangs mit der Malefikantin
bestätigt zu haben. Das Abklingen und Ausbleiben des böse[n] malefizische[n]
AffectfsJ musste von ihm als Beweis dafür angesehen werden, dass die Dilation des
Prozesses und das Aufschieben eines Urteils richtig gewesen war322.

So glaubte sich der Fürst Ende des Jahres 1654 beruhigt ins Kloster Obermarchtal
zurückziehen zu können, um dort ungestört die Weihnachtsfeiertage und die Jahreswende
zu verbringen. Die weitere Entwicklung der Ereignisse sollte jedoch zeigen,
dass seine Beurteilung der Lage auf einer erneuten Fehleinschätzung beruhte. Denn
durch seine zögerliche Haltung und die Beibehaltung des Status quo hatte der ho-
henzollerische Monarch ungewollt dazu beigetragen, dass aus der vermeintlichen
Komplizin des Teufels eine ganz weltliche und nicht unbedeutende Figur im politischen
Machtkampf zwischen Fürst und kaiserlicher Kommission werden sollte.

Dem nach seiner drohenden Verhaftung ins benachbarte Rottenburg geflüchteten
Ehemann der Weißgerberin, Andreas Harting, war es nämlich inzwischen - wie vom
fürstlichen Untervogt Zündelin vorausgesehen - mit juristischer Hilfe Dr. Johann
Wagners gelungen, eine Supplikation an das Reichskammergericht in Speyer zu

321 StAS, Dep. 39 (FAS) DH1, Rub 167, Nr. 7: Erklärung von Pater Joseph (Kopie), dat.
20.9.1654.

322 Wie Anm. 200.

433


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0448