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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0453
Dietrich Bulach

dass der Fürst von Hohenzollern keines dieser Mandate auch nur teilweise befolgt
hat. Wohl eher dürfte er, wie bei den Landesherren üblich, die Kassierung der Mandate
gefordert haben343. So teilten Anna Maria und Balthas Grün auch nach fast
einem halben Jahr weiterhin ihr hartes und ungerechtes Schicksal als Gefangene.
„Gelang es dem Beklagten nicht, den klägerischen Sachverhalt zu erschüttern", so
Oestmann, „und befolgte er das Mandat f...] nicht, sollte zunächst ein Paritionsurteil
ergehen, in dem die Befolgung des Mandats bei Wiederholung der Strafdrohung
nochmals angeordnet wurde. Bei weiterem Ungehorsam konnte der Beklagte mit
einer im Mandat angedrohten Geldstrafe belegt werden (sog. Pönerklärung)344." Ob
es im Falle Eitel Friedrichs zu einer solchen Pönerklärung kam, lässt sich nicht feststellen
und sie ist, analog zur Einschätzung Oestmanns, auch nicht wahrscheinlich:
„Am häufigsten ist die Konstellation, daß das RKG erkannte, daß die Beklagten das
Mandat nicht befolgten, gleichzeitig aber vor einer Pönerklärung zurückschreckte",
da „das RKG nicht in der Lage war, Pönerklärungen" oder gar deren Vollstreckung
aufgrund von Exekutionsmandate[n] durchzusetzen, wenn sich die Beklagten prinzipiell
weigerten, sich der Reichsgerichtsbarkeit zu beugen". Im Allgemeinen, so sein
ernüchterndes Urteil, schätzte das Reichskammergericht „die Machtverhältnisse
zutreffend ein und riskierte gar nicht den Konflikt mit den Territorialgewalten345."

12 ENTMACHTUNG DES FÜRSTEN - FREIHEIT FÜR
DIE INHAFTIERTEN

Die unzulängliche Vollstreckungsgewalt des Reichskammergerichts war sicherlich
auch Eitel Friedrich bekannt, weshalb er die gegen ihn ergangenen Mandate ignorierte
. Anna Maria Grün saß weiterhin in Kerkerhaft - bewacht von einer Handvoll
Soldaten unter Führung des Burgkommandanten Johann Jacob Schneider. Doch es
blieb ihr wenigstens das Schicksal anderer Angeklagten erspart, die nach dem Einschalten
der RKG von ihren Landesherrn zwecks Schaffung vollendeter Tatsachen
umgehend hingerichtet wurden346. Fürst Eitel Friedrich hingegen konnte sich zwar
hinsichtlich der RKG-Entscheidungen relativ sicher fühlen, andererseits bedeutete
ein kammergerichtlicher Prozess für jeden Landesherrn auch ein Prestigeverlust: „Die
Gefahr des Ansehensverlustes für die betroffenen Landesherrn war erheblich, da sie
sich ständig gegen den Vorwurf einer unchristlichen und ungerechten Kriminaljustiz
zur Wehr setzten mussten347." Dieses Urteil Oestmanns galt in besonderem Maße

343 Oestmann, S. 78: „Die summarische Vorprüfung der Supplikation durch das RKG ist
möglicherweise auch ein Grund dafür, daß ein einmal erkanntes Mandat in Hexensachen in der
Praxis fast nie kassiert wurde, auch wenn die Beklagten dies ständig forderten".

344 Ebd., S. 74-75.

345 Ebd., S. 331-334.

346 Lt. ebd., S. 513, war die „Chance, aufgrund einer RKG-Klage freizukommen", allerdings
immer noch „erheblich höher (21 Fälle) als die Gefahr, trotz Klageerhebung hingerichtet zu
werden (14 Fälle)".

347 Ebd., S. 513.

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