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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0465
Dietrich Bulach

genommener Tortur bey der Weißgärberin wider Recht und Gewissen gefüert und
sich dißes übl angestelten Proceßes mit Rath und That theilhafftig gemacht. [...] So
dann entweder einen enormissimum dolum [verbrecherischen Vorsatz] oder aber
einen unverantworttlichen großen Unfleiß bey der Schütz: und Buechauischen
Einquartierung ao. 649 verspihren lassen, in dem er der gemeinen Bürger- und
Dorfschafften 20 Reütter rationen, so auß Comiseration von der Generalitet nachgelassen
, gantz gefährlicher Weiß hünderschlagen und hochschädlich auffgehalten,
auch in vil Weg sonsten wider seine getragenes Officium sich gröblich übersehen und
vergriffen.

Alß würdt hiemit zue recht erkhändt, dz der jenige Rest, so er noch wegen seiner
ausstendigen Besoldung an gnedl. Herrschaft praetendiert, zue wolverdienter Straff
dem fisco heimbgesprochen, In 24 Stunden seine Creditiores befriedigen, alß dann
er und seine Frau hiemit auß der Graffschaft verwisen sein und werden sollen, darauff
er anstatt einer Urphed an Aydtstatt angelobt, solchem allem mit Fleiß zuegeloben
und nach zuekhummen auch solche Verordnung gegen niemand rechen, anden, äffen,
noch durch andere zuegeschehen bevehlen wolle, in kheinerlei Weiß noch Weeg388.

Auch wenn der frühere Oberamtmann und seine Frau im Hexenprozess gegen
Anna Maria Grün sicherlich keine unbedeutende Rolle gespielt haben, so erscheint
diese gerichtliche Entscheidung des neuen Oberamtmanns Streit nicht als Akt juristischer
Gerechtigkeit, sondern wie ein geschickter politischer Schachzug, der durch ein
Bauernopfer dem geschwächten „König" eine Rückzugsmöglichkeit aus schwierigem
Terrain eröffnen soll. Selbst verbaler Widerspruch gegen diese Entscheidung wird
nicht geduldet und hart bestraft. Als der altgediente Kanzleischreiber Jacob Koch3S9 in
der Schenke von Anna Lind[...]sich [...] etwas berauscht befunden [und] sich darbey
ohne Scheu vernemmen lassen, er welle bey seinem Ayd erhalten, daß dem gewesten
Oberambtman Johann Wilhölm Schweglern wegen den 20 Rationen, so er der Statt
und Landschafft wiedersersetzen sollen, Unrecht beschehen, mit dem Anhang, es werde
diß Weesen nit lang Bestandt haben, sondern bald ein anders werden, wird Koch,
weil er wider seine Pflücht und Ayd, welche er ererst bey wenig Tagen abgelegt hat,
gehandlet, [...] auß Comiseratio seines Weibs und kleinen Kündern 8 Tag in Thurm
gesprochen, darunder [,..] 3 Tag mit Wasser und Brot abgespeist^0.

Doch Eitel Friedrich reagierte auf die Aburteilung und Ausweisung Schweglers -
so sie von der neuen Administration als Entgegenkommen gedacht war - nicht mit
Mäßigung. Im Gegenteil: In Wien angekommen, verfasste er bereits am 18. Mai 1655
eine Eingabe an den Reichshofrat, um gegen das Vorgehen der Kommission zu
protestieren391. Eitel Friedrich war, wie Ortlieb zurecht betont, „dem Kaiserhaus
durch das vom brandenburgischen Kurfürsten als Erzkämmerer im Konsens mit dem
Kaiser verliehene Amt des Reichserbkämmerers sowie seine Tätigkeit im kaiserlichen

388 StAS, Ho 1, T 8, Audienzprotokolle Bd. 99, 14.5.1655, fol. 136f.

389 Jacob Koch war schon unter Schweglers Vorgänger Johann Caspar Maysing Kanzleischreiber
(vgl. StAS, Dep. 39 FAS, DH1, Rub 40, Nr. 115: Besoldungsverhältnisse der Dienerschaft
und Beamten betr., 1628 und 1641).

390 StAS, Ho 1, T 8, Audienzprotokolle Bd. 99, 14.5.1655, fol. 139.

391 Siehe Ortlieb (wie Anm. 42), S. 223.

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