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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0469
Dietrich Bulach

Auch das Leben der Familien Grün und Harting dürfte sich nicht so schnell normalisiert
haben. Immerhin konnte Andreas Harting nach den langen Monaten der
Abwesenheit wieder seinem Handwerk nachgehen und gemeinsam mit dem Knappen
Hans Joß sowie dem Waffenschmied Jacob Eberle in Hechingen die Walckh: und
Schleiffmühlin neben dem Schüeßhauß gelegen*01 betreiben. Sein Schwiegervater, der
Schuster Balthas Grün, sah sich jedoch schneller als ihm lieb war mit einer alten
Schuld konfrontiert, die auf seinem Haus lag und derentwegen er in den vergangen
Jahren schon zweimal angemahnt worden war402. Dass vor allem aber die Erinnerung
an die schrecklichen Ereignisse der vergangenen Monate einfach nicht verblassen
wollte, zeigt eine Begebenheit, die sich Anfang August 1656 am oberen Tor der Stadt
abspielte. Hier kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen der Weiß-
gerberin und dem Wachtmeister Bartie Andreas. Dieser hatte nach eigenen Angaben
unter dem Birenbaum gestanden, als der Weißgerber Harting zusammmen mit seiner
Frau zum Oberen Tor hereingekommen war. Plötzlich habe sie gegen ihn auß-
gespihen und gesagt, du Verräther, Morder, hast mein Kund uff den Kirchhoff
gebracht4^. Damit dürfte wohl jenes Kind gemeint gewesen sein, das Anna Maria
Grün ihren eignen Angaben nach während ihrer Folterungen auf der Burg Hohen-
zollern im Leib getragen hatte. War doch Bartie Andreas nach Aussage des fürstlichen
Untervogtes Melchior Zündelin einer der Hauptverantwortlichen für die Beschreiung
der Weißgerberin und damit letztlich auch für ihre Auslieferung an die Folterknechte
des Fürsten gewesen404.

Jetzt sollte Anna Maria Grün für ihren schweren Vorwurf gegen den Wachtmeister
ein Tag und eine Nacht im Gefängnis büßen. Auf Einspruch ihres Mannes hin wurde
die Sache bald darauf aber noch einmal verhandelt und die Weißgerberin dieses
Mal uff Ihre Gräfß. Gn. Herrn Grafen Philippen intercession [hin] entlassen. Die
Fürsprache des Grafen ist ungewöhnlich und dürfte auf dem Interesse beruhen, dass
der unselige Hexenprozess seines Bruders gegen die Weißgerberin nicht immer wieder
aufs Neue zum Gesprächsstoff im großen Dorf Hechingen werden sollte. Dafür
spricht auch das ergangene Urteil, wonach den beiden Parteien wegen ihrer stetigen
[!] Streitigkheit der Frieden bey Leibstraff geboten worden, und dz sie einander zu
Gueten und Bößen müeßig gehen, weder mit Worten noch Werckhen eines dz ander
angreiffen solle. Tatsächlich wurde noch in der Kanzlei ein symbolischer Schlussstrich
unter die Vergangenheit gezogen, indem sich die Kontrahenten beederseits [...]
mit gegebener Hand treu verzigen405.

401 StAS, Ho 1, T 8, Audienzprotokolle Bd. 99: Abgabenbescheid der Rentmeisterei vom
6.11.1655, fol. 179r.

402 StAS, Ho 1, T 8, Audienzprotokolle Bd. 99, 26.6.1656, fol. 229r.: Die Frau des Hohen-
emser Rentmeisters, Anna Maria Künhauser, reklamierte zum dritten Mal innerhalb von drei
Jahren eine Erbsportion auf Balthas Grüns Behausung im Wert von 30 fl.

403 StAS, Ho 1, T 8, Audienzprotokolle Bd. 99, 23.8.1656, fol. 246r.

404 Vgl. oben S. 58.

405 StAS, Ho 1, T 8, Audienzprotokolle Bd. 99, 26.8.1656, fol. 248.
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