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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0470
Der Fürst und „seine" Hexe

Doch damit waren noch nicht alle Nachwehen dieses Hexenprozesses ausgestanden
. Im August des Jahres 1657 kehrte Eitel Friedrich nach über zweijähriger Abwesenheit
nach Hechingen zurück406. Schon ein halbes Jahr zuvor hatte er sich beim
Kaiser beklagt, dass er sich mit einem unergibigen Deputat, quatemberlich 750 fl,
zufrieden geben müsse, in Schulden eingestöckht sei und schmerzlich zuesehen
müsse, dass zu Hause von anderem mir zue höchsten Schaden werde gehauset407. In
Hechingen blieb er zwar von den täglichen Regierungsgeschäften ausgeschlossen,
dennoch verfügte er, wie im kaiserliche Beschluss festgelegt, im Ausnahmefall und
nach Absprache mit der kaiserlichen Administration noch über Entscheidungsbefugnisse
. Dieser Regelung ist es zuzuschreiben, dass es rund 2V2 Jahre nach der Freilassung
der Weißgerberin und der zeitgleichen Suspendierung des Fürsten noch
einmal zu einem folgenschweren Aufeinandertreffen der beiden kam, was angesichts
der langen Geschichte dieser Opfer-Täter-Beziehung schon fast etwas Zwanghaft-
Logisches an sich hat. Anna Maria Grün wurde vorgeworfen, sie habe Kupplerej
zwischen ainer Closter Persohn bej St. Luzen und ainer jungen Tochter betrieben408.

Die 16-jährige Anna Elisabeth Stettmond, Tochter des Engelländer genannten
Hintersaßen Johannes Stettmond, war eine Liaison mit einem Mönch von St. Luzen
eingegangen, dessen Name in den Verhörprotokollen geflissentlich verschwiegen wird
und der später, nachdem die Beziehung offenbar wurde, umgehend das Weite gesucht
hatte. Dass es sich bei besagter Closter Persohn um den Franziskanerpater Joseph,
dem die Weißgerberin so viel zu verdanken hatte, gehandelt haben könnte, wäre reine
Spekulation. Von größerer Bedeutung als der Name des Mönches ist ohnehin der
Verlauf dieses Kriminalprozesses409. Das am 11. und 12. Juni 1657 zuerst verhörte
Mädchen versucht zunächst die Wahrheit zu verschleiern und die Weißgerberin in
Schutz zu nehmen. Der Mönch sei ihr zum ersten Mal in der Kürchen begegnet und
habe sie wegen eines Rosenkranzes angesprochen. Bald darauf habe er ihr auch Briefe
geschickt, wobei in einem ihr Name mit güldenen Buechstaben verzeichnet und die
Zeilen mit Bluett underschrieben gewesen seien. Später habe er ihr durch den Maler
Jacob Fries (Früeß), der gerade im Kloster gearbeitet habe, ein Schechtele mit Geld
und der Bitte zukommen lassen, bey Hans Strobel, Kramern, etlich Rosenkräntz
dafür [zu] khauffen. Auch habe ihr der Geistliche ein Wachsstockh [Wachslicht] und
Betbüechle versprochen, deßwegen sie ihme zuschreiben Ursach gehabt. Da sie aber
des Schreibens nicht kundig sei, habe die Weißgerberin für sie insgesamt vier Briefe -
darunter aber nur e i n vornemmer Boulbrieff - an besagte Person verfasst, ohne
jedoch zu wissen, um wen es sich genau dabei handelte. Auf die Frage der Weißgerberin
, ob diese Schreiben nit an einen Geistlichen gehören, [habe] sie gesagt, nain, die
Person möchte aber noch Geistlicher werden, darüber Weißgerberin vermeint, es
gehöre einem Servitial.

406 Ortlieb (wie Anm. 42), S. 194, Anm. 42.

407 StAS, Dep. 39 (FAS), HH1, Rub. 53, Nr. A 731: Fürst Eitel Friedrich an Kaiser Ferdinand
III., dat. 27.2.1657.

408 StAS, Ho 1, T 8, Audienzprotokolle Bd. 102, 5.6.1660, fol. 102r.

409 Wie Anm. 316. Hier: Inquisitio über Anna Maria Grienin, Andreas Harttings des Weißgerbers
Hausfrau, fol. 147-151r, dat. 11.-16.6.1657.

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