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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0498
Rollender Stein und schlafender Kaiser

Wie der von Stillfried und anderen geträumte Translationsgedanke erweitert und
realpolitisch höchst aggressiv mit der Fels zum .Meer-Ideologie verbunden werden
konnte, zeigt ein Gedicht eines der Hauptvertreter der borussistischen Geschichtschreibung
, Heinrich von Treitschke. Sein Lied vom schwarzen Adler, das die
Traditionslinie bis zu den Ottonen verlängert, fand den Weg gar ins Schulbuch des
Kaiserreichs58.

[...] König Wilhelm, fest im Norden
Bautest Du das neue Reich.
Wahr es heut vor fremden Horden,
Deinen großen Vätern gleich!
Führ uns heut auf schönre Bahnen,
Der Du Habsburgs Scharen schlugst;
Deutschland folgt den stolzen Fahnen,
Die Du einst gen Böhmen trugst.

Gott der Herr in Einer Stunden

Heilte unsers Haders Wunden.

Zeuch die Straße nach Paris,

Die Dein Ahn den Vätern wies.

Aber dann durch Berg' und Forsten
Fliege heim, du Königsaar,
Zu den schwäbischen Felsenhorsten,
Wo einst deine Wiege war.
Denn erfüllet sind die Zeiten,
Wahrheit wird der Dichter Traum.
Deinen Fittig sollst du breiten
Über Deutschlands fernsten Raum.

Nimm der Staufer heil'ge Krone,

Schwing den Flamberg der Ottone,

Unsers Reiches Zier und Wehr -

Deutschland frei vom Fels zum Meer!

Seine herausragende politische Bedeutung erhielt der feierliche Festakt durch die
hochoffizielle Übergabe einer am 24. September beschlossenen Adresse des Norddeutschen
Reichstages, die kein Geringerer als dessen Präsident Dr. Simson dem
preußischen König Wilhelm auf dessen Wunsch während der Einweihungsfeierlichkeiten
überreichte. Martin Eduard Simson verkörpert - bezogen auf die Reichseinigung
- ein Element der Kontinuität über den Umbruch der Zeiten hinweg. Er hatte
bereits 1849 als Parlamentspräsident der Frankfurter Nationalversammlung die
Kaiserdeputation, die dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV erfolglos die
Reichskrone angetragen hatte, geleitet und er sollte auch an der Spitze jener Reichs-

58 Gustav Wendt (Hrsg.), Sammlung deutscher Gedichte für Schule und Haus, 7. Aufl.,
Berlin 1897, S. 72 f.

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