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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0499
Paul Münch

deputation stehen, die 1871 Wilhelm I. in Versailles erneut die Kaiserkrone anbieten
würde, dieses Mal bekanntlich mit mehr fortune59. Simson war am 2. Oktober 1867
nach Hechingen gereist, wohnte tags darauf der feierlichen Schlüsselübergabe sowie
dem Gottesdienst bei und wurde schließlich vom König und dem Kronprinzen zur
Ubergabe der Reichstagsadresse empfangen60. In seiner Ansprache zeigte sich Simson
der nationalen Bedeutung des Ubergabeortes wohl bewußt: Diese Stelle weiset auf die
ersten Anfänge des preußischen Königshauses hin. Von diesem Felsen aus trug ein
Geschlecht großer Fürsten die Segnungen seiner Regierung nordwärts bis an die
beiden Meere. Dort erblühte unter ihrem Scepter aus Ruinen ein neues Leben; dort
ward - indessen die alten Ordnungen zusammenbrachen - der Grund des neuen,
deutschen Staates gelegt, gewahrt, befestigt. Und nun dringt heute in diese edelen
Räume zu Eurer Königlichen Majestät die Stimme der Vertretung von dreißig
Millionen eines verfassungsmäßig zu einem Staatskörper geeinigten Volkes, den das
Bewußtsein durchdringt, Maß und Gesetz seiner Bewegung, Fortbildung und
Vollendung ausschließlich in sich selbst zu tragenkx.

Die Adresse62 enthielt neben dem Dank an den preußischen König für die bisher
errungenen Erfolge einer wahrhaft Deutschen Politik die Versicherung, diese Grundlage
einer großen nationalen Zukunft zu befestigen und [...] auszubauen. Sie formulierte
die Zustimmung des Reichstages zum erwünschten Eintritt der süddeutschen
Staaten in den Bund, ungeachtet der Einsprüche fremder Nationen. Nach Meinung
des Norddeutschen Reichstages schloß die unwiderstehliche Macht nationaler Zusammengehörigkeit
und die Harmonie aller materiellen und geistigen Interessen [...]
jeden Rückschritt auf dem betretenen Wege aus. In seiner Antwort an den Reichstag
bestätigte der preußische König die besonderen Umstände des Ereignisses: Sie gedenken
in Ihrer Ansprache des Orts, an welchem Sie Mir die Adresse überreichen.
Daß die hergestellte Stammburg der Fiohenzollern am Tage ihrer Einweihung
Zeuge des Ausspruches des norddeutschen Reichstages gegen Mich ist, beweiset, daß
die Vorsehung mit dem Geschlechte, das hier entsproß, - daß sie mit Preußen war und
istbi.

Der Übergabeakt verlieh der Einweihungsfeier eine besondere, weit über den lokalen
Horizont hinausreichende Bedeutung. Von der neuerbauten Burg aus wurde den
zögerlichen Südstaaten die unwiderstehliche Macht nationaler Zusammengehörigkeit
vor Augen geführt, eine hochpolitische Demonstration dafür, daß sich das Interesse
Preußens nun entschlossen und irreversibel auf das ganze Deutschland richtete64. Die
Werbung hatte Erfolg. Der Zollerburg wuchs binnen weniger Jahre die Rolle eines
weithin ausstrahlenden nationalen Symbols zu. Selbst im zurückhaltenden Württem-

59 Vgl. Wolfram Siemann: Vom Staatenbund zum Nationalsstaat. Deutschland 1806-1871.
München 1995. S. 429.

60 Vgl. Stillfried=Alcantra, Hohenzollern (wie Anm. 48), S. 37.

61 Ebd., S. 36.

62 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Deutschen Reichstages des Norddeutschen
Bundes im Jahre 1867, Bd. 2, Anlagen Nr. 13, S. 50 f..

63 Stillfried=Alcantara, Hohenzollern (wie Anm. 48), S. 37.

64 Vgl. auch Bothe, Burg Hohenzollern (wie Anm. 10), S. 259.

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