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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0506
Rollender Stein und schlafender Kaiser

Eine Variante zeigt zusätzlich die rekonstruierte Burg Hohenberg, die als dynastisches
Bindeglied zwischen Hohenzollern und Habsburg erscheint96. (Abb. 8)

Die Krönung und die eindrucksvollsten Belege der nationalen Bedeutung der
Hohenzollernburg bilden Karten, welche die Burg umrahmt von den Wappen aller
deutschen Länder des ehemaligen Deutschen Bundes darstellen, natürlich mit
Ausnahme von Osterreich, Luxemburg, Limburg und Liechtenstein, jedoch mit
Einschluß der preußischen Provinzen Ost- und Westpreußen, Posen und Schleswig
und des Reichslandes Elsaß-Lothringen. (Abb. 9)

Die farbenprächtigste Ansichtskarte zeigt den Hohenzollern unter einem schwarzweißen
Rundbogen, geschmückt mit dem hohenzollerisch-preußischen Wappen,
umgeben von den Wappenschildern der deutschen Bundesstaaten, die nach Rang und
Namen angeordnet sind. (Abb. 10) Bei genauerer Betrachtung erkennt man, daß sie
den als Bildrahmen gestalteten Ästen einer Eiche entsprießen, wobei die bedeutendsten
Staaten gewissermaßen die Krone dieser triumphalistischen Konstruktion bilden
. Der riesige gekrönte schwarze Reichsadler schließt einem Siegel gleich die Unterseite
des schwarzen Bogens ab. Die Abbildung vermittelt den Eindruck einer farbenprächtig
illuminierten Urkunde, welche die Einheit des neu formierten Reiches besiegeln
soll. Unübersehbar ist die Dynamik der Botschaft: So wie mit der Gründung des
Reiches der dunkel verhangene Himmel über der Burg aufreißt, so verliert sich das
Schwarz des Bogens und endet als offene (in eine helle Zukunft führende?) Straße. In
beiden Karten tritt der dynastische Bezug auf die Hohenzollern zurück zugunsten
der nationalen Darstellung, welche die Burg ins Zentrum des neuen Reiches setzt.

6. DIE DEMONTAGE DES NATIONALSYMBOLS

Nach dem Ende der Monarchie im Jahre 1918 verfiel die Hohenzollerndynastie samt
ihrem Stammsitz rasch dem Verdikt einer fundamental neuen Zeit. 1922 verunglimpfte
der bayerische Schriftsteller Ewald Gerhard Seeliger, der noch als Autor des
Schelmenromans Peter Voß, der Millionendieb bekannt ist, die Hohenzollern als die
gewalttätigste und daher berühmteste, jetzt endlich entthrohnte Familie deutschen
Adels hunnischer Ab stammung'*7. Der Hunnenvergleich repetierte ein bekanntes
Feindstereotyp der Briten aus dem Weltkrieg, versah es aber zusätzlich mit einer
historischen Herleitung. Laut Seeliger ließ Attila auf seinem Rückzug von Gallien
nach Ungarn auf den steilsten süddeutschen Bergen Sicherheitshaufen zurück. Die
Hauptleute dieser Räuberhorden blieben auf den schwerzugänglichen Basaltkegeln
sitzen, um alle in ihrem Greifbereich siedelnden freien Bauern zu unterjochen und
ein ruhmreiches adeliges Räubergeschlecht zu gründen™.

96 Vgl. hierzu: Pfeffer, Vom Kaiserstammland Hohenzollern (wie Anm. 88), S. 8-12.

97 Ewald Gerhard Seeliger: Handbuch des Schwindels. Frankfurt a. M. 1986, S. 106 {Hohenzollern
).

98 Ebd., S. 108 {Hunnen).

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