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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0560
Die Erörterung der Stillegung der Regierung Sigmaringen 1943

Die ordnungsmäßige Übergabe und Überleitung der einzelnen Gebietsausschlüsse
und Gemeinden bringt jedenfalls eine nicht zu unterschätzende Mehrarbeit mit sich.

Zum Beispiel: Änderung der Kreis- und Landesumlage; Erfassung der neuen
Gemeinden zu den direkten Gemeindesteuern, teilweise ohne jegliche Unterlage
(z. B. Jagd-, Hunde-, Vergnügungs- und Schankkonzessionssteuer u. a.); Ausscheiden
aus etwaigen Zweckverbänden, Krankenkassen und Landesversicherungsanstalt,
Pensionskassen, Hagelfonds, Fürsorgefonds, Hebammenbezirken, Körbezirken,
Schulverbänden; Angleichung des völlig verschiedenen Gemeindeforstwesens, Bauwesens
, und Schulwesens, insbesondere des Volksschul- Berufsschulwesens usw.
Große Schwierigkeiten werden insbesondere auch im Grundbuchwesen auftreten,
das in Hohenzollern völlig anders organisiert ist als in Württemberg und Baden. Dort
sind z. B. die Grundbücher noch nach dem alten Personalformular angelegt, während
in Preußen überall das Real-Formular gilt. Grundbuchbeamter in Preußen ist der
Amtsrichter, in Württemberg und Baden der Bezirksnotar. In Preußen bestehen
außerdem Katasterämter79, bei denen sämtliche Vermessungsunterlagen liegen,
während diese in Baden und Württemberg sich bei den Rathäusern befinden. Gewiß
wird die äußerliche Übergabe der Akten und Unterlagen von den Amtsgerichten und
Katasterämter an die einzelnen Gemeinden zwar umständlich und zeitraubend, aber
nicht besonders schwierig sein, dagegen wird an eine Umschreibung der Grundbücher
auf die württembergischen und badischen Personalformulare oder gar auf die
neuen Reichsvordrucke in absehbarer Zeit nicht zu denken sein.

Auf diese Besonderheiten hat der Herr Landgerichtspräsident in Hechingen in
einem Bericht vom 2.3.1943 an den Herrn Oberlandesgerichtspräsidenten in Stuttgart
bereits hingewiesen und dabei weiter betont, daß bei einem etwaigen Exklavenaustausch
ähnliche Schwierigkeiten auf dem Gebiet des Nachlaß- und Vormundschaftswesens
, des Nachbarrechtes, des Zwangsversteigerungswesens und ganz
besonders des Familien- und Erbrechtes sich ergeben würde. In Hohenzollern gilt
nämlich noch anderes eheliches Güterrecht und sonstiges Landesprivatrecht aus der
Zeit vor 1900 als in Württemberg und Baden. Diese Sonderbestimmungen können
nicht ohne weiteres mit dem staatlichen Gebietsaustausch einfach verschwinden,
sondern müssen erst allmählich durch besondere Übergangsvorschriften angeglichen
werden. Die Richter und Verwaltungsbeamten müßten sich also noch jahrelang
eingehend mit diesen Materien befassen. Eine bedeutende Mehrbelastung sogar in
normalen Zeiten.

Auch die Justizverwaltung kommt schließlich zu dem Ergebnis, daß zweifellos
eine Bereinigung der Exklaven anzustreben ist, daß aber selbst indem an sich einfachsten
Fall, daß ganz Hohenzollern staatsrechtlich zu Württemberg übergeht, für
die Übergangszeit erst recht eine bedeutende, zeit- und personalverzehrende Mehrarbeit
entstehen wird, die in der gegenwärtigen Kriegszeit nicht zu verantworten
wäre.

79 Gemeint sind besondere staatliche Katasterämter. Diese wurden dann beispielsweise in
Nordrhein-Westfalen nach 1945 in die Verwaltungen der Stadt- bzw. Landkreise eingegliedert.

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