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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0611
Rolf Vogt

Trotzdem begann das Lager wenig später, sich nicht mehr zu rechnen. Hatte die
Gesamt-Erfolgsrechnung von August 1940 bis zum 31. März 1943 einen Uberschuss
von 4986,39 RM erbracht und die Abrechnung für April 1943 noch einmal 34,50 RM,
so sank die Rechnung in den Folgemonaten ins Minus. Im Mai musste die Stadt die
Ausgaben für das Lager mit einem Zuschuss von 78,10 RM ausgleichen, im Juni mit
71 und im Juli mit 114,90 RM. Der geschäftsführende Bürgermeister Josef Simmendinger
stellte deshalb das Lager auf den Prüfstand. Erfordert das Lager einen
Zuschuss seitens der Stadt - soll es aufgelöst werden, fragte Simmendinger. Die Stellungnahme
erarbeitete im Rathaus Josef Eberhart. Er wog den finanziellen Nachteil
gegen die immateriellen Vorteile des Lagers auf: Der scheinbare Zuschuss ist dadurch,
dass die Stadt seihst täglich 7 Kriegsgefangene in Anspruch nimmt, ausgeglichen f...]
Dadurch werden gleichwertige Arbeitskräfte gespart, die im Lohn wesentlich besser
stehen würden. Ein Kriegsgefangener erhält täglich nur 70 Pfennig, während einem
anderen Arbeiter ohne Sozialversicherungsbeiträge dieser Betrag für die Stunde
ausbezahlt werden müsste, überlegte Eberhart. Der Sachbearbeiter schlug mehrere
Möglichkeiten vor, das Defizit zu verringern. Insgesamt empfahl er die Nichtauf-
lösung des Kr[iegs-]Gef[angenen-JLagers: Abgesehen vom Eigeninteresse der Stadt
würden dadurch der Landwirtschaft 16 Arbeitskräfte entzogen [...], was nicht zu
verantworten wäre, auch dann nicht, wenn die Stadt einen Zuschuss leisten müsste197.

Auf die Erhöhung der Lagerkostenumlage verzichtete die Stadt zunächst jedoch,
wohl weil sie ohnehin schon über dem einheitlich festgelegten Pauschsatz lag, wie
Eberhart in seiner Aktennotiz weiter feststellte. Als aber auch im August, September
und Oktober 1943 der Zuschussbetrag bei mehr als 100 RM blieb, entschied sich die
Stadt doch zu einer Neuberechnung. Mehrere Gefangene waren zu diesem Zeitpunkt
als Zivilarbeiter aus dem Lager entlassen worden. Die Stadt teilte deshalb am 12.
Oktober 1943 dem Kriegsgefangenenstammlager in Villingen mit, sie sehe sich gezwungen
, die Lagerkostenumlage zu erhöhen. Eine andere Möglichkeit sei nur, das
Franzosenlager aufzuheben und mit Italienern wieder voll zu belegen. Das vom
Stammlager eingeschaltete Arbeitsamt Balingen konnte der Stadt allerdings keine
Hoffnungen machen. Italienische Militärinternierte stünden nicht zur Verfügung,
teilte das Arbeitsamt am L November mit. Die Stadt reagierte, indem sie die Umlage
mit Schreiben vom 14. Dezember 1943 an die Arbeitgeber der Gefangenen neu festsetzte
. Künftig sollten die Kosten jeden Monat entsprechend der Belegung des Lagers
berechnet werden. Bei gleichbleibenden Kosten hätten sich die Einnahmen durch die
geringere Belegung des Lagers verringert, der hohe Fehlbetrag sei auf die Dauer nicht
zu verantworten, begründete die Stadt ihre Entscheidung. Rückwirkend wurde der
Umlagesatz für den November 1943 auf 10,80 RM angehoben198.

Tatsächlich fuhr die Stadt ihr Lager wieder in die Gewinnzone und glich den Fehlbetrag
bis zum Juni 1944 aus. Für den Juli berechnete sie den Arbeitgebern deshalb
nur noch neun RM pro Gefangenen und setzte die Umlage für August auf 8 RM

197 Ebd. 4. Lohnabrechnungen 1943-1945. Künftig halbjährliche Bilanzen zum L April und
1. Oktober zu erstellen, hatte der Bürgermeister am 11.08.1942 angeordnet, s. StadtAH, A200
Reg.-Nr. 4733, Kriegsgefangene/Ostarbeiter. 3. Lohnabrechnungen 1940-1943.

198 Ebd. 4. Lohnabrechnungen 1943-1945.

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