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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0644
Zwangsarbeit und Ausländerbeschäftigung während des Zweiten Weltkriegs in Hechingen

In den folgenden Monaten wurden die Hechinger in ihrer Zeitung immer wieder
daran erinnert, was von ihnen erwartet wurde. Wer nichts mit ihnen zu tun hat, möge
keine unangebrachte Neugierde zeigen, galt für die einen im Verhältnis zu den
Gefangenen. Die anderen sollten sich nur auf eine sachlich erforderliche Verbindung
einlassen. Es bestehe auch kein Grund zum Mitleid, schrieb die Zeitung weiter, da die
Kriegsgefangenen anständig behandelt werden, ausreichend ernährt sind und ihnen
nur soviel Arbeit gegeben wird, als sie bewältigen können. Unsere deutschen Kriegsgefangenen
in Frankreich haben es jedenfalls bei weitem nicht so gut gehabt. Appelliert
wurde an die nationale Würde. Auch der Hinweis auf die Strafen fehlte nicht360.
Bereichert wurde die Kette der Rechtfertigungsversuche schließlich mit dem Argument
, Kriegsgefangene könnten in die Feindspionage eingebunden sein361.

In die Pflicht genommen wurden besonders die Landwirte. Die gehobene Stellung
des deutschen Landvolkes als Blutsquell der Nation legt dem Bauern, dem Landwirt,
dem Landarbeiter wie überhaupt dem Landbewohner die Pflicht auf, sich seiner
Würde als Deutscher ganz bewußt zu sein, erklärte die NS-Zeitung. Einstellungen,
die auf Gefühlen mißverstandener Menschlichkeit beruhen, hätten auf den Höfen
nichts zu suchen. Die Hohenzollerischen Blätter gaben den Gefangenen selbst die
Schuld: Die von seinem Volk zwischen sich und allem, was deutsch ist, geschaffene
innere Distanz müsse unter allen Umständen bestehen bleiben, forderten sie, als sie
eine weitere Polizeiverordnung des Reichsinnenministers über den Umgang mit
Kriegsgefangenen erläuterten362.

Als die zivilen Arbeiter aus den besetzten Ländern in rasant steigender Zahl
kamen, traten die in der Öffentlichkeit geäußerten Sorgen wegen des rechten
Umgangs mit Kriegsgefangenen zurück. Die Häufigkeit der Artikel in den Hohenzollerischen
Blättern, die allgemeine Verhaltensregeln darlegten, nahm jedenfalls ab.
Wir müssen uns immer wieder bewußt werden, daß wir mit dem polnischen Menschen
nichts, aber auch gar nichts gemeinsam haben, erklärte die Zeitung stattdessen
aber gleich, als die ersten polnischen Zivilarbeiter im Kreis ankamen. Polen hätten ein
anderes Blut, eine andere Rasse, und deshalb auch ein anderes Denken und Fühlen.
Geboten war kompromisslose Distanz: Es geht nicht an, daß polnische Arbeiter
neben deutschen Landhelfern und deutschen Kindern am Tisch sitzen. Sie gehören
nicht ins deutsche Familienleben.

Den Rassenideologen innerhalb der NSDAP machten die Kriegsgefangenen und
Zivilarbeiter zu schaffen. Mit ihnen wurde der Primat einer rassisch reinen arischen
Kultur zweifelhaft. War schon die Tischgemeinschaft eine nicht tolerierbare Aufweichung
der Rassentrennung, um wieviel mehr mussten sexuelle Kontakte auf
Widerspruch stoßen. £5 geht wider die Ehre jedes deutschen Mannes, nach Feier-

360 Ebd. Nr. 14/17.01.1941.

361 Ebd. Nr. 129/05.06.1941.

362 Ebd. Nr. 45/22.02.1941. Die Polizeiverordnung vom 12.02.1941 sah Geldstrafen bis zu
150 Mark oder Haft bis zu sechs Wochen bei vorsätzlichen Verstößen gegen das Umgangsverbot
vor. Diese Strafen wurden auch für Kontakte mit sonst auf behördliche Anordnung
Verwahrten angedroht.

363 Hz. Bl. Nr. 90/17.04.1940.

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