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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0653
Rolf Vogt

ihren dringenden Bedarf bei Fluchtversuchen keinerlei Ersatz mehr bekommen und
dass auch die Möglichkeit zur Entziehung des Gefangenen besteht, wenn die Vorschriften
nicht oder nur nachlässig eingehalten werden^. Auch die Arbeiter der Stadt
mussten erneut angewiesen werden, die Vorschriften einzuhalten. Verschiedentlich
seien die Gefangenen nach Beendigung der Arbeit nicht in das Altersheim geführt
worden, hielt ihnen die Stadt am 18. April 1942 vor. Die Dienstanweisung, deren
Erhalt die Arbeitgeber mit Unterschrift bestätigen mussten, schrieb ausdrücklich vor,
die Gefangenen bei den militärischen] Posten abzuliefern^.

Auf der Suche nach Kriegsgefangenen war auch die Polizei. Der Regierungspräsident
in Sigmaringen, alarmiert vom Stuttgarter Gauleiter und Reichsstatthalter
Wilhelm Murr, gab am 25. März 1942 die Warnung der Wehrmacht an die Landräte
weiter. Die Ortspolizeibehörden und insbesondere die Exekutivbeamten sollten
unterrichtet werden, dass die Wachmänner der Lager Weisung hatten mit allen ihnen
zu Gebote stehenden Mitteln Fluchtversuche zu unterbinden. Dazu gehörte, nach
kurzem 3maligen Anruf rücksichtslos von der Schusswaffe Gebrauch zu machen. Der
Höhere SS- und Polizeiführer in Stuttgart befahl der Gendarmerie kurz darauf engste
Zusammenarbeit mit den Wachmannschaften der Gefangenenlager. Entsprechend
unterwiesen wurde die Gendarmerie im Regierungsbezirk in ihrer Dienstversammlung
am 26. März 1942. Der Regierungspräsident beschränkte sich aber darauf, seinen
Landräten die von dort für geeignet gehaltenen Maßnahmen vorzuschreiben406.

Trotz aller Bemühungen versuchten französische Kriegsgefangene zu fliehen.
Wegen Vorbereitung zur Flucht wurden im Juli 1942 Albert Mistral und Roger
Giloteaux in Haft genommen407. Damazi Szmiegel und Boleslaw Bachowski nutzten
am 9. Juli 1942 eine günstige Gelegenheit, um dem Kriegsgefangenenlager Tübinger
Straße den Rücken zu kehren. Ihr Fall hat tragische Züge, denn sie machten sich nicht
gleich auf den Weg, sondern blieben in der Umgebung. Sie wollten auf Genofeva
Kaminska warten, eine polnische Zivilarbeiterin, mit der sich Damazi Szmiegel angefreundet
hatte. Treffpunkt sollte der Friedhof Heiligkreuz sein, wo sich alle einen Tag
später nach Eintritt der Dunkelheit einfinden wollten. Der Plan wurde vereitelt.
Anna Chmielowska, eine andere polnische Zivilarbeiterin, ging am Abend des 10. Juli
zur Schutzpolizei in Hechingen und verriet den Fluchtplan. Die Polizeistreife, die die
Gegend von Heiligkreuz absuchte, fasste die beiden Kriegsgefangenen kurz vor
Mitternacht, Genofeva Kaminska blieb verschwunden. Ihr Liebesverhältnis mit dem
Franzosen brachte der entwichenen Zivilarbeiterin allerdings noch nachträglich eine
Anzeige wegen unerlaubten Umgangs mit Kriegsgefangenen ein408.

404 Ebd. 3. Lohnabrechnungen 1940-1943.

405 Ebd. 5. Arbeitsrecht, Einsatz von Kriegsgefangenen 1940-42.

406 StAS, Ho 235 T 20 Abt. VIII Nr. 394, Beschäftigung ausländischer Arbeiter einschl.
Kriegsgefangene Band 2. Bl. 283. StAS, Ho 235 St Paket 156, B.II.4 Polizei, Kriegsgefangene
1942-1945. Auch in: NS-Erlasse (wie Anm. 92) S. 351f., 355f.

407 StadtAH, A200 Reg.-Nr. 4733, Kriegsgefangene/Ostarbeiter. 5. Arbeitsrecht, Einsatz von
Kriegsgefangenen 1940-42.

408 Ebd. Die beiden Kriegsgefangenen erscheinen auch mit den Schreibweisen Szmigiel und
Bachonski/Bachoski/Bachorski/Badorski.

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