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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0664
Zwangsarbeit und Ausländerbeschäftigung während des Zweiten Weltkriegs in Hechingen

Erhebliche Verstärkung erhielt die SS-Präsenz in Hechingen, als 1943 Dienststellen
des Höheren SS- und Polizeiführers - Höherer SS-Stab Stuttgart, wie die Stadt sie
nannte - unter den Zoller verlegt wurden. Requiriert wurden nach und nach Räume
im Gymnasium, im Hotel Linde-Post, im Cafe Schenk und im Gasthaus Sonne am
Marktplatz451. Die SS propagierte die NS-Rassenideologie in Reinform, die Hechinger
machte keine Ausnahme. Ihre Julfeier am 22. Dezember 1944 im Museum, die sie
zusammen mit der Hechinger Polizei feierte, war Ausdruck einer einheitlichen, den
ganzen Menschen fordernden und das Leben gestaltenden Weltanschauung. Die
Hohenzollerischen Blätter stellten fest, dass selbst das letzte Weihnachtsfest des
Krieges die SS erfüllt von einer stillen, festen und entschlossenen Gläubigkeit sah452.

7.2.6. JUSTIZ

Neben Polizei, SS und ihren Hilfskräften beschäftigte sich das Hechinger Gericht in
der Heiligkreuzstraße mit Delikten, die sich aus der Ausländergesetzgebung ergaben.
Während die Gefangenen, sofern sie bei Verstößen gefasst wurden, die Wehrmacht
aburteilte, war für zivil beschäftigte Ausländer die Justiz zuständig. Im Amtsgerichtsgefängnis
saßen Zivilarbeiter sowohl nach der vorläufigen Festnahme als auch
nach der Verurteilung durch das Gericht ein453.

Anhängig waren die Verfahren in der Regel vor dem Amtsgericht, das die Verfehlungen
der Ausländer mit Strafbefehlen ahndete. Zwangsgelder in Höhe von zehn
oder 20 Reichsmark wurden wiederholt verhängt, wohl für geringere Verstöße. In der
Ausländerkartei des Landratsamts sind allein für Hechinger Ausländer mindestens 18
Fälle vermerkt, in denen das Amtsgericht Geldstrafen festsetzte. Verstöße gegen die
Kennzeichnungspflicht, die polnische und russische Zivilarbeiter traf, wurden offenbar
pauschal mit dreitägiger Haft abgestraft. So erging es auch zwei Russen, einem
Waldarbeiter der Stadt und einem Ostarbeiter der Firma Kässer, die im Herbst 1943
in den Hechinger Museums-Lichtspielen erwischt wurden. Der Kinobesuch war
ihnen nur mit dem Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht möglich. Wegen Nicht-
tragens des Kennzeichens „ Ost" erhielten sie am 3. November 1943 jeweils dreitägige
Gefängnisstrafen. Am 19. Oktober 1943 urteilte das Amtsgericht gleich drei Kässer-
Arbeiter wegen der Übertretung der Kennzeichnungspflicht mit dreitägigen
Haftstrafen ab. Einem französischen Zivilarbeiter des Marinebekleidungsamts brachte
eine Übertretung der Polizeiverordnung andererseits nur zwei Tage Haft ein.

451 StadtAH, Meldeakten, Altregistratur Einwohnermeldeamt. StadtAH, A200 Reg.-Nr.
9731, Beschlagnahme/Allgem. Schriftverkehr. SB Nr. 96/27.04.1955. HZ Nr. 71/26.03.1955.
Das Gymnasium war „dazu ausersehen [...], im Falle einer Steigerung des Luftkrieges den
ganzen behördlichen Apparat der Stuttgarter Polizei aufzunehmen", heißt es in einer
Jubiläumsschrift, s. 50 Jahre Staatliches Gymnasium Hechingen. Hechingen o. J. (1959). S. 36.

452 Hz. Bl. Nr. 303/27.12.1944.

453 Das vom Internationalen Suchdienst in Arolsen 1949 herausgegebene Lagerverzeichnis
führt das „Landgerichtsgefaengnis Hechingen, Heiligkreuzstr.", an, s. Catalogue of Camps and
Prisons in Germany and german-occupied Territories (wie Anm. 354) S. 183. Die Nennung
geht auf eine Meldung des Belgian National Tracing Bureau zurück.

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