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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0669
Rolf Vogt

der als Ausländer aus dem Osten bezeichnet wurde. Die Rangendinger Einheit hatte
beim Wald- und Geländedienst die sogenannten Berghäuschen in den Gewannen
Hühnerbühl und Wannen durchsucht. Den Spießgesellen, der sich dort versteckt
gehalten hatte, übergab der Volkssturm der Gendarmerie477. Ob es sich bei den
Tätern der Hechingen und die umliegenden Dörfer beunruhigenden Diebstähle um
entflohene KZ-Häftlinge, Zivilarbeiter oder Kriegsgefangene handelte, ist letztlich
nebensächlich. Ihr Leben war bedroht. Da nach ihnen gesucht wurde, blieb ihnen
nichts anderes übrig, als belebte Gegenden zu meiden und sich mit Gelegenheitsdiebstählen
über Wasser zu halten.

Grausam endete am 13. Dezember 1944 ein Fluchtversuch in der Nähe des
Hechinger Friedhofs Heiligkreuz. Am Morgen waren von Nachbarn nach verdächtigen
Geräuschen in Stetten in der Scheuer eines Bauernhofs zwei aus einem Lager
entflohene ausländische Sträflinge entdeckt worden. Sie wurden von der Gendarmerie
festgenommen. Bei ihrem Abtransport nach Hechingen wurden die beiden Einbrecher
bei einem Fluchtversuch erschossen, meldeten die Hohenzollerischen Blätter
am nächsten Tag lapidar. Augenzeugenberichte bestätigen diese Version nicht. Vielmehr
hätten die Gendarmeriebeamten ihre Gefangenen von Stetten aus über die
Hochstraße Richtung Heiligkreuz geführt - also nicht auf direktem Weg nach
Hechingen - und in der Nähe des Friedhofs mit Kopfschüssen getötet. Die toten
Körper seien erst am Abend abtransportiert und vergraben worden478.

Die Todesschützen waren Fidel Scherzinger und Hans Schmidt. Scherzinger
bekannte später, die „zwei Häftlinge, die aus dem Lager Bisingen entwichen waren,
im Hause [eines] Landwirts [...] Tabakwaren entwendet und eine Pelerine sowie ein
Paar Skistiefel vermutlich zur Wegnahme bereitgelegt hatten, aber dabei entdeckt und
verhaftet worden waren, auf dem Weg von Stetten nach Hechingen von hinten durch
Genickschüsse erschossen" zu haben. Er sei von Schmidt dazu aufgefordert worden479
. Scherzinger war damals hauptamtlicher Mitarbeiter der Kreisbauernschaft
Hechingen und befehligte zeitweise kommissarisch den Hechinger SA-Sturm480. In
der Gendarmerie hatte er den Rang eines Wachtmeisters inne, vermutlich war er
Mitglied der Stadtwacht. Hans Schmidt war Oberwachtmeister der Gendarmerie.

Knapp zwei Jahre nach der Tat, am 27. und 28. August 1946, standen fünf Hechinger
Polizisten als Kriegsverbrecher vor den Schranken des französischen Obersten
Militärgerichtshofs in Rastatt. Sie mussten sich wegen der Tötung der beiden Gefangenen
verantworten. Johannes Beuck, Kreisführer der Gendarmerie, wurde zum Tode
verurteilt. Gendarmeriemeister Erich Trapp, zum Tatzeitpunkt wohl Postenführer in
Hechingen, erhielt lebenslängliche Haft. Fidel Scherzinger wurde zu 20 Jahren
Zuchthaus verurteilt, Hans Schmidt ebenso wie Walter Wessel, der wohl wegen einer
anderen Tat verurteilt wurde, zu 15 Jahren. Alle Angeklagten beriefen sich in ihrer

477 Hz. Bl. Nr. 13/16.01.1945.

478 Ebd. Nr. 294/14.12.1944. Gespräch mit Franz Buckenmaier 15./16.04.2002.

479 Bundesarchiv-Außenstelle/Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung
nationalsozialistischer Verbrechen Ludwigsburg (Künftig: ZStL), VI 414 AR 45/70.

480 Hz. Bl. Nr. 295/16.12.1941, 60/12.03.1943, 228/29.09.1943, 251/26.10.1943, 254/
29.10.1943, 267/13.11.1943.

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