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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0672
Zwangsarbeit und Ausländerbeschäftigung während des Zweiten Weltkriegs in Hechingen

bleiben, sie werden von der Gemeinde verpflegt, wurde angeordnet. Der Stadt trug
der neue Befehlshaber auf, innerhalb der nächsten zwei Tage Listen über Kriegsgefangene
, deportierte [sie] und sonstige nicht Deutsche jeweils nach Nationen getrennt
zu erstellen488. Am 24. Mai 1945 wies das Landratsamt, sicherlich auf Veranlassung
der inzwischen in Hechingen eingerichteten Militärregierung, den Hechinger Bürgermeister
an, den französischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeitern, die in der
Stadt lebten, bekanntzugeben, dass sie zur Musterung zum Militärgouvernement
kommen müssen. Ahnliches galt für die Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter anderer
Staatsangehörigkeit489. Allerdings waren im Mai kaum noch französische Arbeiter in
Hechingen. Viele Franzosen, wo hier waren, sind heute schon nach Frankreich gefahren
, bemerkte jedenfalls Frida Zinser am 24. April490.

Die Alliierten versuchten, die Bevölkerungsströme von rückwandernden Evakuierten
, Flüchtlingen aus dem Osten, ehemaligen Kriegsgefangenen, Zivilarbeitern und
heimkehrenden deutschen Soldaten in geordnete Bahnen zu lenken. Sie organisierten
Transporte, zu deren Zusammenstellung die Menschen vorher konzentriert werden
mussten - ein Muster, auf das schon der nationalsozialistische Staat zurückgegriffen
hatte. In Hechingen wurden Russen zusammengeführt, die im früheren Arbeitsdienstlager
untergebracht wurden. Das Russenlager - der Name blieb - wurde im
Umgang mit der Militärregierung als champs de Hechingen bezeichnet, in der Stadtverwaltung
bisweilen auch Lager Hechingen491. Nach einer Aufstellung des Stadtbauamts
Hechingen vom 18. Februar 1946 hatte das Lager an der Kreuzung von
Ermelesstraße und Weiherstraße492 sieben Mannschaftsbaracken, eine Wirtschaftsbaracke
, eine Badebaracke, eine Lagerbaracke, ein Kohlenlager und eine Abortbaracke493
. Die Baracken gruppierten sich um einen größeren Innenhof, das Tor
öffnete sich zur Weiherstraße.

Dort lebten nicht nur die bisherigen Hechinger Ostarbeiter. Weitere Russen kamen
Ende Mai 1945 nach Hechingen494. Frida Zinser fiel ihre Anwesenheit erstmals am
26. Mai 1945 auf. Wirklich sind sehr viel Russen in der Stadt, schrieb sie in ihr Tagebuch
und bekräftigte einige Tage später: Wir haben wirklich sehr viel Russen in
Hechingen. Ihre Zahl schätzte Frida Zinser auf ein paar hundert495. Im Juni 1945
lagen den Bürgermeisterämtern des Cercle de Hechingen, der französischen Bezeich-

488 StadtAH, A200 Reg.-Nr. 9731, Requisitionen/Radioabgabe/Sonstiges. 2. Besatzungsangelegenheiten
, Einzelne Requisitionen 1945-46.

489 Ebd.

490 Frida Zinser (wie Anm. 483) S. 14.

491 StadtAH, A200 Reg.-Nr. 9731, Requisitionen/Radioabgabe/Sonstiges. 2. Besatzungsangelegenheiten
, Einzelne Requisitionen 1945-46. Im Nachrichtenblau Nr. 5/24.08.1945 findet
sich in der Rubrik Familien-Nachrichten die Notiz einer Geburt: Lydia, Tochter der Eheleute
, Agafya und Simon Muljak, Hechingen, Russenlager.

492 Heute Fred-West-Straße.

493 StadtAH, A200 Reg.-Nr. 7095, Flüchtlingsfürsorge. 5. Flüchtlingslager Weiher und
Lindich 1945-1955.

494 Walter Sauter (wie Anm. 21) S. 244.

495 Frida Zinser (wie Anm. 483) S. 74, 79.

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