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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0681
Rolf Vogt

gesellschaftlicher Abwechslung. Die Wochenendvorführungen der Museumslichtspiele
waren regelmäßig ausverkauft, 1000 Besucher am Abend keine Seltenheit. Sie
sahen in der Wochenschau am Anfang glorreiche Vormärsche und später heldenhaften
Widerstand. Die Traumwelt des Hauptfilms ließ danach vergessen, in welcher
Wirklichkeit man lebte. Die Hohenzollerische Landesbahn setzte Sonderzüge ein, um
die Menschen aus Burladingen und Haigerloch in das Hechinger Kino zu bringen.
Unter sie mischten sich auch Zivilarbeiter, selbst Ostarbeiter, wie die vom Amtsgericht
verhängten Strafen belegen.

Deren Leben in der Stadt barg Risiken. Während Franzosen, soweit sie nicht
kriegsgefangen waren, Holländer und Belgier größere Freiheiten hatten, machten sich
Ostarbeiter und polnische Zivilarbeiter strafbar, wenn sie taten, was allen anderen
erlaubt war. Selbst das Bier im Gasthaus nebenan blieb ihnen verwehrt. NSDAP,
Landkreis und Stadtgemeinde taten ihrerseits alles, um die Spielregeln durchzusetzen.
Verstöße, die in ihren Blickwinkel gerieten, wurden rigoros geahndet, zuletzt sogar
standrechtlich, wie der Todesbefehl zeigt, den die Gendarmerie erhalten hatte. Staat
und Partei woben ein dichtes Netz, um die Lücken in der Kontrolle der Ausländer zu
schließen. Bedenken scheint es nicht gegeben zu haben.

Die vielen Ausländer, die seit 1940 in das Reich gebracht wurden, ob kriegsgefangen
oder zivil, waren der rassenideologisch geprägten nationalsozialistischen Welt ein
Problem, für ländliche Gegenden vielleicht sogar ein Schock. „Blut und Boden"
bildeten in der Gedankenwelt der NSDAP eine Einheit, die mit den Agrarreformen
der Anfangsjahre gefördert wurde, die „rassische Durchmischung" war ein Greuel,
dem seit Beginn, aber mit steigender Intensität und schließlich auch physischer Vernichtung
die Deutschen jüdischen Glaubens, Zigeuner und andere Minderheiten zum
Opfer fielen. Der Import ausländischer Arbeiter in eine Gesellschaft, die auf der
Scholle und im Werk autark sein wollte, bedeutete einen Rückfall. Ihm musste mit
propagandistischen Mitteln entgegen getreten werden. Den Hechingern ständig aufs
neue zu erklären, was von den Ausländern zu halten war, übernahmen als Mittler die
Hohenzollerischen Blätter und die NSDAP-Gliederungen in der Stadt. Sie wiederholten
stereotyp die Formel von der rassischen Minderwertigkeit und der feindlichen
Gesinnung der Ausländer mit ihrem artfremden Blut. In der Endphase des Kriegs
wurden die Sorgen unverkennbar. Beunruhigt war die nationalsozialistische Öffentlichkeit
durch die Gefährdung von Sicherheit und öffentlicher Ordnung, die von
Ausländern ausging.

Trotz der Klagen über Arbeitsverweigerung und Fluchtversuche galten die ausländischen
Arbeiter in Hechingen allgemein als zuverlässig. Mit Zivilarbeitern habe man
ausgezeichnete Erfahrungen gemacht, schrieben die Hohenzollerischen Blätter 1941,
damals noch ganz euphorisch: So können wir auch in dem kleinen Ausschnitt unserer
Heimat erkennen, wie Deutschland zur größten Wirtschaftsmacht des Festlandes
aufgestiegen ist, die Angehörigen vieler europäischer Nationen Arbeit und Brot geben
kann5i9. Sie hätten sich im wesentlichen überall bewährt, urteilte die NS-Zeitung vor
dem französischen Einmarsch über die ausländischen Arbeiter noch im April 1945:

539 Hz. Bl. Nr. 208/05.09.1941.

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