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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0730
Besprechungen

diente Anton H. Konrad Verlag, - leider noch ohne den Abbildungsteil. Nun endlich
erschien eine Neufassung in reicher Ausstattung und in großem Format, gerade
rechtzeitig auch für die Friedrichshafener Ausstellung, die den Zugang zu den Tafelbildern
ermöglichte, und deren Katalog reiches zusätzliches Material, vor allem auch
über das Umfeld, bietet.

Das malerische Werk von Heiss erfüllte die Bedürfnisse der gebildeten Adels- und
Bürgergesellschaft und geistlicher Auftragsgeber seiner Zeit. Dem entspricht die Aufteilung
des Katalogs der Monographie in zwei Blöcke: nach Mythologischen Szenen,
Allegorien, Antiker Geschichte einerseits, Altem und Neuem Testament und Heiligen
und Seligen andererseits.

Von diesem zweiten Arbeitsgebiet her kennen viele Heissens Werk, ohne seinen
Namen zu kennen. Die umfangreichste Serie seiner religiösen Bilder hat Heiss für
Ochsenhausen gemalt. Vor allem aber beeindruckt schon durch seine Ausmaße in
Obermarchtal sein gewaltigstes Werk, das mehr als 20 Quadratmeter große Altarblatt
. Glücklicherweise ist er in den spätbarocken Neubau der Klosterkirche übernommen
worden, dieser frühbarocke Hochaltar, »welcher, gegen einige Witzlinge
unsrer auch in Gottesdienstlichen Sachen leckerhaften Zeiten, zu seinem alten Ge-
schmacke an Majestät und Gold tausend andre Übertrift«. Noch 100 Jahre nach der
Entstehung hat Sebastian Sailer den damaligen Abt in seiner Klosterchronik für seine
Rettung so in Schutz genommen.

Der erste Block des Oeuvre, die weltlichen Tafelbilder, wo sich Mythologisches
und Historisches oft durchdringen, steckt voller Motive aus der antiken Literatur, vor
allem aus Ovids Metamorphosen, und lädt den heutigen Betrachter zum Lesen und
Suchen und Vergleichen ein. Dafür bieten sich, um nur ein Beispiel herauszugreifen,
die Werke an, wo im Himmel Segmente des Tierkreisbogens auftauchen. Da wartet
ein »komplexes Bilderrätsel« {Königsfeld S. 295), und viele Fragen werden hier beantwortet
, wenn auch nicht alle. Zum Bildtitel: Würden astrologischer Berater und
ausübender Künstler für eine »Allegorie der Sonne« (B 20) ausgerechnet die herbstlichen
Zeichen von Waage, Skorpion und Schütze wählen? Und beim sorgfältigen
Lesen des Bildes fällt einem dann auf, dass der Sonnengott müde wirkt, und dass
der Putto auf seinem Leitpferd das Tier zu langsamerer Fahrt zügelt. Wir haben
also hier wohl eher eine »Allegorie des Herbstes«. Zu den allegorischen Figuren:
Mit Kybele und ihrer Mauerkrone in der Bildecke begegnet einem eine der Leitfiguren
von Heissens mythologischen Bildern. An anderer Stelle ist sie die Hauptperson,
und »Kybele empfängt Neptun und Amphitrite« (A 58), (kann dann aber wohl doch
nicht in ihrer lateinischen Schreibweise »Cybele« im eigenen Gefolge auftauchen!
S. 288).

Der Leser bewundert und lernt. Vor allem auch ein eingehendes „Lesen" der Allegorien
der Akademie bringt für Kenntnis und Verständnis des Augsburger Barock
Gewinn, und man kann wohl sicher sein, dass das Andenken und die Anerkennung
des Malers Johann Heiss, dessen Todestag sich 2004 zum zweihundertsten Mal jährt,
vor allem auch dank Königsfelds Forschungs- und Darstellungsleistung lange über
das Gedenkjahr hinaus wach bleiben wird.

Haigerloch

Hans Albrecht Oehler
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