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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0763
Neues Schrifttum

Nordbaden (und damit gleichzeitig als „Regionalminister") mit größtem Nachdruck
besorgt, den von ihm spöttisch beobachteten „stürmischen Wünschen der württembergischen
Ministerialbürokratie" (S. 218) den klaren Willen nach badischer Gleichberechtigung
im Streit um das Landesbezirksverwaltungsgesetz entgegenzusetzen. Er
kämpft hartnäckig um das „badische Profil" der alliierten Neuschöpfung - gegen
Reinhold Maier ebenso wie gegen die US-Militärverwaltung. Als sich jedoch 1948 die
Bildung eines deutschen Weststaates abzeichnet, sieht Köhler schärfer als andere
badische CDU-Politiker die Gefahr einer Glacisbildung im Interesse Frankreichs
durch die Wiederherstellung Badens. Positive ökonomische Erfahrungen in Nordbaden
kommen bei seiner Wende ebenso hinzu wie Ausbeutungs- und Verarmungstendenzen
in Südbaden. Uffelmann kann damit zwei unterschiedliche Typen von
Identitätsstiftung im Südwesten ausmachen: einmal eine mehr ideologischgrundsätzliche
Richtung (repräsentiert durch die südbadische und die südwürttem-
bergische CDU) und eine pragmatisch-ökonomisch orientierte in Nordbaden-Nordwürttemberg
. Von gar nicht zu überschätzender Bedeutung ist schließlich, dass Uffelmann
als einer der ersten (wenn nicht überhaupt als erster für Baden-Württemberg)
auf regionale Gegenbewegungen im Zeichen der Globalisierung hinweist. Regionale
Uberschaubarkeit und Regionalität sind damit ein Gegengewicht zur „neuen Unübersichtlichkeit
" weltweiter Verflechtungen. Die Weiterentwicklung dieser Idee für
den Südwesten bedeutet konkret, dass die Zugehörigkeit zu einer historischen Großregion
wie der Kurpfalz, dem vorderösterreichischen Südbaden, Oberschwaben,
Württemberg oder Hohenlohe zum festen Bestandteil der Identität der Baden-Württemberger
zählt. Auch diese These hat inzwischen allgemeine Akzeptanz gefunden.
Dies bedeutet: Wer über Identitätsstiftung im Südwesten wissenschaftlich arbeiten
will, kann an diesem Band nicht vorbeigehen.

Von ganz anderem Zuschnitt ist die „Kleine Geschichte Baden-Württembergs"
von Manfred Waßner. Sie will eine zuverlässige erste Information zur Landesgeschichte
des Südwestens bieten - ein Anspruch, den sie in jedem Falle erfüllt. Den
Leser erwartet ein sehr gut gegliedertes Buch, das trotz der Informationsfülle gut lesbar
geschrieben ist und das man entsprechend gerne zur Hand nimmt. Wer sich also
über Entstehung und Wachstum des Herzogtums Württemberg, über Reformation
und Bauernkrieg informieren will, findet hier verlässliche Auskünfte. Im 18. und 19.
Jahrhundert gibt es jedoch schon deutliche Lücken: Weder der berüchtigte württembergische
„Schreiberstaat" und seine geistige Enge kommen zur Sprache noch die
brutale Inkorporation der neuwürttembergischen Gebiete; bei der Beschreibung der
Industrialisierung Württembergs fehlt unbegreiflicherweise etwa ein Name wie
Ferdinand Steinbeis. Andererseits wird die unterschiedliche Haltung der neuen Mittelstaaten
Baden und Württemberg zur deutschen Frage und zur Reichseinigung
ungemein prägnant dargestellt. Beim 20. Jahrhundert fallen bedenkliche Wertungen
auf: Ist Franz von Papen trotz „Preußenschlag" und Ständestaat-Plänen wirklich nur
„nationalkonservativ" (S. 142)? Ist der Württembergische Bauern- und Weingärtnerbund
nur „rechtskonservativ" (S. 140) und nicht schlicht antidemokratisch? Warum
wird nicht deutlich, dass der NS-Ministerpräsident Mergenthaler sich mit der Vorreiterrolle
in Sachen Euthanasie profilieren wollte? Warum wird die Widerstandsgruppe
„Weiße Rose" trotz ihrer Bezüge zu Württemberg ganz negiert? Warum

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