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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg2002-03/0765
Neues Schrifttum

ist, darf beispielsweise einfach nicht verschwiegen werden. Das Buch hat Handbuchcharakter
für die betreffenden Regionen und ist damit ein hoch willkommenes
Nachschlagewerk. Überdies ist es eine Fundgrube badischer Befindlichkeiten und
lehrt damit sehr Wichtiges zur höchst komplexen Identität der Bewohner der jeweiligen
Region. Das Buch sollte Pflichtlektüre für alle Stuttgarter Ministerialbeamtinnen
und -beamte sein, damit sie in oft schwierigem Gelände kompetent verhandeln und
entscheiden können.

Allen Autoren gemeinsam ist der Befund, dass sich inzwischen eine solide baden-
württembergische Identität bei den Bewohnern des Südweststaats herausgebildet
habe. Gemeinsam ist auch die Feststellung, dass diese Identität mehr nüchternen
Charakter habe, der sich am ökonomischen Erfolg orientiere. Paul-Ludwig Weinacht
benennt am deutlichsten die damit verbundene Begrenzung: „... die Herzenssache
und Heimat der Badener und der Württemberger ist der Südweststaat bis heute nicht
geworden." (S. 17) Bausinger und Uffelmann weisen die schon in der Südweststaat-
Propaganda von 1950/51 anklingende historische Legendenbildung zurück, die dem
Südweststaat eine staufische Präexistenz andichtet. Auch dies eine der „Erfindungen"
(Uffelmann) im Rahmen der Identitätsstiftungen. Alle Autoren machen mehr oder
weniger deutlich, dass Baden-Württemberg bis heute immer noch ein badisches
Profil besitzt. Die Jahrhunderte lange Tradition der „Kleinteiligkeit" ist auch nach
50 Jahren Baden-Württemberg nicht „rückstandslos" beseitigt (Bausinger, S. 195
und 198). Die historische Zugehörigkeiten zu Baden, zu Württemberg, zur Kurpfalz
, zu Hohenlohe, zu Hohenzollern und zu Oberschwaben sind auch heute noch
lebendig. Aus der Sicht des Rezensenten ist dies ein eher sympathisch stimmender
Befund.

Betrüblich steht es dagegen um die Bilanz aus hohenzollerischer Sicht. Hermann
Bausinger erwähnt Hohenzollern nicht unter den Identifikationsräumen des Südwestens
. Bei Manfred Waßner kommt Hohenzollern im 20. Jahrhundert nicht vor.
Thomas Schnabel fertigt in seinem zweiten Band (1952-2002) Hohenzollern mit
einem einzigen, hämischen Satz ab: „...das Gebilde(!) Hohenzollern (sei durch die
Verwaltungsreform) ad acta gelegt" (S. 146). Auch bei den zahlreichen Bildern dieses
Bandes ist Hohenzollern nicht vertreten. Im ersten Band sind zwei Fotos zum KZ
Bisingen (S. 228) die einzigen Bilder aus Hohenzollern. Den Tiefpunkt markiert eine
CD-ROM des Sparkassenverbands Baden-Württemberg („50 Jahre Baden-Württemberg
"), die im April 2002 an alle Schulen verschickt wurde, hergestellt mit Unterstützung
des Staatsministeriums und des Hauses der Geschichte Baden-Württemberg. Im
Abschnitt „Auf dem Weg zum Südweststaat" wird behauptet, am Ende des Zweiten
Weltkriegs habe es zwei Länder im Südwesten gegeben, Baden und Württemberg-
Hohenzollern. Dies wird durch eine entsprechende Karte untermauert. Präsentiert
werden das Badnerlied und „Preisend mit viel schönen Reden" - keine Rede von
einem dritten. Das Ausmaß dieser Geschichtsklitterung legt es nahe, von einem geradezu
vorsätzlichen Versuch des Auslöschens der historischen Region Hohenzollern
aus dem öffentlichen Gedächtnis zu sprechen. Dass diese damnatio memoriae von
zentralen Institutionen dieses Landes Baden-Württemberg zu verantworten ist,
zeigt noch einmal schlaglichtartig die Bedeutung des Themas Zentralismus und
Regionalismus auch im 50. Gründungsjahr. Zu hoffen ist auch, dass solche Aktionen

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